Aber bitte in der Schwimmhalle, denn da kriegt es keiner mit. Eine Anleitung für öffentliche Trauer, die niemanden etwas zu interessieren hat.

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Es gibt sie, die Momente, wo man als Erwachsener auch mal so richtig losheulen möchte. Die einen erledigen das ganz einsam zu Hause im Bett oder vor dem Fernseher, die anderen beziehen ihre Umwelt ein: Kollegen, Freunde oder die Familie müssen gezwungenermaßen trösten. Beides gleichzeitig geht nicht, also Tränen in der Öffentlichkeit vergießen, von denen keiner etwas mitbekommt.

Wo kann ich meine Tränen (unbemerkt) fließen lassen?

Mir ist nur ein Ort bekannt, nämlich die Schwimmhalle. Hier gibt es Tränen im Überfluss, woher sonst sollte das Wasser im Becken wohl kommen? Am schwierigsten ist es jedoch, sich erst einmal auf den Weg in die Schwimmhalle zu begeben. Generell sind solche öffentlichen Einrichtungen viel zu weit entfernt. Da ist es leichter, sich den Hintern doch auf der Couch breit zu drücken. Egal, es muss sein.

Hat überhaupt eine Halle geöffnet? Denn gerne kommt der Depri zu den ungünstigsten Uhrzeiten, doch die Städte lassen sich nicht lumpen und bis spät Abends kann man sich dort sportlich bestätigen. Wie komme ich hin, ich bin doch gar nicht mobil? Dies ist eine wirklich gute Ausrede, denn ein Fahrrad hat garantiert jeder irgendwo rumzustehen (die Luftpumpe liegt sicher daneben). Die Busse/Bahnen fahren regelmäßig und im Zweifelsfalls muss man halt zu Fuß hin. Das dauert auch nicht lange – persönlich jogge ich meine elf Kilometer unter einer Stunde, also dauert ein Spaziergang über 5 Kilometer nur ne Stunde.

„Kein Auto ist auch nur eine Ausrede!“

Auch die Ausrede mit dem Badezeug gilt nicht: Was heutzutage in den Schwimmhallen für Badehosen und Badeanzüge getragen werden, ist teilweise jenseits von gut und böse. Da fällt auch die durchgeschubbelte bunte Hose aus dem letzten USA-Urlaub nicht auf. Jetzt hören wir mit den möglichen Ausreden auf, leg sie einfach beiseite mach dich auf den Weg. Auch einen Schnupfen akzeptiere ich nicht.

Völlig unmotiviert stehst du dann am Beckenrand, fröstelst und hast null Bock auf Wasserkontakt. Aber da steckt ja tief im Innern noch das Grummeln, was raus will, der laute Aufschrei im Hals und die viele Tränenflüssigkeit hinter den Äuglein.

Folgende Regeln gelten nun:

  1. Rein ins Wasser und losschwimmen
  2. Idealerweise etwas Kraulen (egal wie es aussieht), damit auch Wasser ins Gesicht kommt
  3. NICHT AUFHÖREN – jede Pause unterbricht die Gedanken und ist schlecht für die Kondition
  4. Öffne dein Herz und lass den Schmerz raus, fülle das Becken mit deinen Tränen
  5. Punkt vier wird erstaunlicherweise kurz ausfallen – der Adrenalinschub bringt gute Laune
  6. Mach weiter, an alles zu denken, was dir Sorgen bereitet, du wirst merken, wie einfach das geht
  7. Nach 30 bis 45 Minuten schnell raus aus dem Wasser und ab unter die Dusche
  8. Unter einer Stunde, topp!!!! Wer länger braucht muss Eintritt nachzahlen …

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