In der Jahreszeit der kurzen Tage und langen Abende dürsten Sinne und Seele nach Lichtquellen jeder Art. Was könnte in diesen Tagen mehr Behaglichkeit und magische Momente schaffen als Kerzenlichter? Über eine kleine Glücksrequisite mit großer Wirkung.

Es ist so finster und auch so bitterkalt. Es ist einer dieser nasskalten Wintertage. Man kommt von der Arbeit nach Hause und es ist so dunkel wie am Morgen, als man ins Büro fuhr. Der Schneematsch will in seiner Trägheit kaum weichen und unsere Laune verirrt sich wie Hänsel und Gretel im dunklen Wald und singt den Winterblues…

Wäre da nicht jener Zauber, den nur der Winter hervorbringt. Das Glitzern des Schnees, wenn sich kurze Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke verirren. Das leuchtende Weiß, ob bei Sonne oder Dunkelheit. Und die vielen warmen Lichter in den Fenstern, die genau diese Gemütlichkeit schaffen, die vor allem dann ihre Wirkung entfaltet, wenn es knackig kalt draußen ist. Genau dann, wenn man sich guten Gewissens in sein Nest zurückziehen kann, Berufs- und auch Freizeitstress vor der Tür lässt und sich wohlige Mußestunden gönnt. Die kalte Jahreszeit hält dabei einige magische und wunderbare Momente bereit, die es wert sind, entdeckt zu werden.

Den Winter im anderen Kerzenlicht sehen

Der Winter nimmt uns kein Licht weg. Er hält vielmehr seine ganz eigenen Illuminationsquellen bereit. Und wenn es in und um uns trotzdem nicht hell werden will, helfen wir dem Licht und Gemüt einfach mit kleinen Details nach: Kuscheln Sie sich an genau solchen Tagen in Ihren Lieblingspullover und setzen sich mit einer Tasse Punsch hin und lesen Sie etwas, das die Seele berührt. Und dazu zünden Sie sich eine Kerze an.

Vielleicht stellen Sie sich jetzt gerade beim Lesen der Zeilen genau diese Situation vor? Es kann natürlich auch sein, dass Sie sich fragen: Warum das Ganze? Nun, ganz einfach: Wenn es einem schlecht geht, man sich ausgelaugt und leer fühlt, sollte man sich etwas Gutes tun. Und das kann durch bewusste Genusserlebnisse und Zeit für sich oftmals schon gegeben sein. Warum also nicht ein Date mit sich selbst haben und dieses auch zelebrieren? Kleinste Finessen wie eine Kerze nämlich sind es, die dabei den entscheidenden Akzent Wohlfühlatmosphäre und Besonderheit gleichermaßen setzen.

Kerze mit Kristallen

Rohstoffe 

Traditionelle Bienenwachskerzen sind mittlerweile recht teuer. Dafür sind sie auf komplett natürlicher Basis hergestellt, brennen gleichmäßig und verströmen einen angenehmen Geruch. Viele Kerzen werden aber auch aus dem wenig rußenden und stabilen Stearin (tierische und pflanzliche Öle) hergestellt. Der am meisten verwendete Kerzenrohstoff ist jedoch Paraffin (wird aus Erdöl gewonnen). Hierbei ist es besonders wichtig, auf Qualitätssiegel wie RAL-Gütezeichen achten. 

Kerzen als Kraftquellen des Lebens

Kerzen sind relativ simpel hergestellt, kosten nicht viel und können dennoch ein unglaubliches Spektrum positiver Stimmungen erzeugen. Sei es eine, wenige oder viele Kerzen – aus kleinen dunklen Räumen werden plötzlich romantische Kuschelecken, große und kalte Hallen erscheinen festlich und anmutig. Das warme, knisternde Licht kann unterschiedlichste Stimmungen kreieren. Wir fühlen uns sogar so geborgen, dass Gesichter uns im Schein von Kerzen schöner erscheinen als in Tages- oder gar künstlichem Licht. Im Halbdunklen wirken sie geheimnisvoller.

Aber was hat es mit dem Leuchten einer Kerze auf sich, dass sich in uns diese einzigartige Mischung aus Wohlgefühl, Gemütlichkeit und magischer Besonderheit ausbreitet? Feuer ist seit Menschengedenken die Quelle von Licht und Wärme. Es zeugt von einer Urkraft, die bis jetzt erhalten wurde und die wie eine Referenz zur Sonne wirkt. Mit Sonnenlicht verknüpft der Mensch Wachstum und Leben; Dunkelheit und Kälte wecken eher gegenteilige Assoziationen.

Unsere urzeitlichen Vorfahren erfuhren nicht nur die existenzielle Bedeutung von Feuer, das sie vor Kälte schützte, Raubtiere fern hielt und bestimmte Nahrung genießbar machte. Auch sie schauten vermutlich genauso gebannt in die tanzenden Flammen wie wir heute, wenn wir gemeinsam an einem Lagerfeuer sitzen. Trotz der im Dunkeln lauernden Herausforderungen werden auch unsere Ahnen bereits die friedliche Wärme des Beisammenseins am Feuer und das Innehalten beim Anblick der virtuos züngelnden Flammen geschätzt haben. Sie wussten auch, dass das Feuer irgendwann erlischt. Umso besonderer war daher das zeitweilige Miteinander bei Licht und Wärme. Dem Wesen des Feuers liegt dabei eine gewisse Ambivalenz inne: wärmendes Leuchten und erfahrbare Vergänglichkeit. 

Vier Kerzen und Kristalle

Die Allergrößte

Die höchste „echte“ Kerze der Welt war über 24 Meter groß (mit dem Fuß zusammen sogar über 38 Meter) und wurde 1897 auf der Weltausstellung in Stockholm gezeigt. Die von Liljeholmen Kerzenmanufaktur hergestellte Kerze hatte einen Durchmesser von 2,59 Meter. Wie lange sie brannte, ist leider nicht bekannt.

Kerzenlicht und Schatten

Bei Kerzen zeigt sich dies in ganz besonderer Weise. Sie leuchten und spenden Wärme, doch irgendwann gehen sie einfach aus. Somit wirken sie wie eine Allegorie des Lebens und seiner Vergänglichkeit. Bei Kerzen ist man in der Regel jedoch weder traurig noch verängstigt, wenn sie ausgehen. Man rechnet damit. Das hat für uns etwas Tröstliches und Hoffnungsvolles.

Nicht ohne Grund sind Kerzen in den meisten Religionen von hohem spirituellen Wert. Die vier Lichter auf dem Adventskranz beispielsweise stellen die symbolische Zunahme des Lichts dar, je näher der Tag der Geburt Jesu Christi rückt, der Tag des „Lichts der Welt“. Eines der geläufigsten Symbole des Judentums wird ebenfalls von Kerzen gesäumt: Die Menora, der siebenarmige Kerzenleuchter, der das Wappen des Staates Israel schmückt, steht für die Erleuchtung, die endgültige religiös-spirituelle Eingebung.

Kerzen sind tatsächlich eine der wenigen menschlichen Erfindungen, die sich im Laufe mehrerer tausend Jahre Zivilisationsgeschichte nicht wirklich verändert haben – obgleich die den Menschen umgebenden Lebenswelten sich rasant technologisch entwickeln. Wir leben in einer Zeit der Displays und Touchscreens. Man arbeitet am Rechner, man kommuniziert und konsumiert am Bildschirm und die Digitalisierung des Alltags beschleunigt sich weiter. Und auch die Auswahl an technischem Komfort entwickelt sich geschwind. Die gute alte Kerze beleuchtet indes in ganz besonderen Momenten nach wie vor sämtliche Wohn- und Schlafzimmer.

Denn kein LED-Licht, kein das Tageslicht imitierender Wecker oder sonstige Kunstlichter können den Zauber des Lichts einer Kerze nachempfinden.

Tipp: Docht kürzen

Es empfiehlt sich, sowohl beim ersten Anzünden der Kerze als auch bei allen weiteren Malen immer den Docht zurecht zu schneiden. Wenn er nicht nachgeschnitten wird, erzeugt er eine andere Flammenform und die Kerze brennt dann etwas dunkler. Außerdem verursacht ein zu langer Docht, dass die Kerze rußt und so das Glas um die Kerze oder auch Wände schwarz werden. Anschneiden kann man den Docht mit einer Schere oder einem speziellen Dochttrimmer.

Nicola Kindler

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