Ihre Worte klangen wie schon hundertmal gesagt: „Wir ziehen natürlich nicht zusammen, verbringen aber trotzdem viel Zeit miteinander. Ein Wochenende im Bett, das nächste dann in Kapstadt oder New York, und so weiter. Naja, eine Pause ist auch mal drin.“ Sie lächelte.
Den letzten Satz hatte sie eingeschoben, als sie sah, wie ich leicht irritiert in meinem Cappuccino herumrührte. Und ein bisschen klang er wie: „Der also auch nicht.“ Genau dieses Gefühl hatte ich aber auch, und damit war es eigentlich schon zu ende, bevor es richtig begonnen hatte: Mein Date. Das vierte, auf das ich mich eingelassen hatte – dieses Mal mit Hilfe einer Partnerbörse, die versprach, Singles mit Niveau zusammenzubringen.
Auf der Partnersuche
Zehn Jahre vorher, nach einer emotional sehr schwierigen Trennung, hatten sich meine Töchter vorgenommen, den Papa zu überzeugen, sich wieder nach einer Frau umzuschauen. Sie wohnten bei ihrer Mutter und konnten sich gar nicht vorstellen, dass ihr eigentlich so fröhlicher und liebevoller Papa jetzt ganz für sich alleine klar kommt. Also haben sie mir zum Geburtstag Kontaktanzeigen geschenkt, die ich zumindest mitformulieren durfte.
Zu meiner Überraschung gab es tatsächlich Antworten und erste Verabredungen. Die verliefen damals so, wie es viele Frauen sicher heute noch oft erleben – ich habe ununterbrochen von meiner Ehe und ihrem Scheitern erzählt. Ein Date als Therapie, ein Monolog als Mischung aus Selbstanklage und Rechtfertigung. Meine „Dates“ haben sich dann recht schnell aus dem Gespräch zurückgezogen. Manchmal haben sie verständnisvoll oder eher mitleidig gelächelt, manchmal waren sie in Gedanken schon dabei, die Rechnung zu bezahlen. Und vielleicht haben sie gedacht: „Mein Gott, von so einem habe ich mich doch gerade getrennt, wo bitte sind die richtigen Männer?“ Gesagt haben sie es nicht. Aber es wäre nicht ganz falsch gewesen, ich hatte vieles in mich „hineingefressen“ und lud es dann ungefiltert ab.
Was die Frauen verständlicherweise sehr schnell auf Distanz brachte, hat mir zumindest geholfen, besser mit mir selbst und meiner Situation klarzukommen. Es ist also das Gegenteil von dem passiert, was meine Töchter sich gewünscht hatten: Die Dates haben mich dazu gebracht, mein Single-Dasein endlich anzunehmen. Ohne Groll und Selbstmitleid. Und das lag gar nicht an den (zumeist) wundervollen Frauen, mit denen ich mich getroffen hatte. Klingt komisch, war aber so …

Dem Singledasein überdrüssig
Zehn Jahre später gab es ein Ereignis in meinem Leben, das mich zwang, neu über genau dieses Leben nachzudenken. Die Work-Life-Balance, wie man heute so schön sagt, stimmte vorn und hinten nicht. 60 bis 70 Stunden Arbeit jede Woche, dazu immer mal wieder ein kräftezehrender Schicksalsschlag. Kein Wunder, dass der Körper sich gemeldet und auch gleich Herz und Seele angestiftet hatte, ihr eigenes Recht ebenso einzufordern.
Und ganz leise kam in mir die Frage auf, wieviel Zeit mir denn eigentlich noch blieb, Zeit zu leben, Zeit zu lieben. Also habe ich angefangen, die Beziehungsfrage wieder ernster zu nehmen, und ging online an die Börse, an eine der Singlebörsen, für die in der Stadt auf großen Plakaten Werbung gemacht wurde. Plakate, auf denen Frauen und Männer abgebildet waren, von denen man kaum glauben konnte, dass sie auf eine Partnerbörse angewiesen waren. Werbung eben.
Ich habe mich dann durch eine Menge Fragebögen durchgekämpft und dabei immer wieder überlegt, ob man sich jetzt völlig offenbaren sollte oder eher „taktisch“ antwortet, um den vermuteten Erwartungen ein Stück näher zu kommen. Gute Freunde rieten mir, nicht ganz so ehrlich und selbstkritisch zu sein, wie sie mich kannten. In ihren Augen war ich kein guter „Verkäufer“, vor allem nicht, wenn es um mich selbst ging. Klar, der Grat zwischen einem gesunden Selbstvertrauen und purer „Eigenwerbung“ ist manchmal recht schmal. Aber man kann ja mal probieren, ob‘s mit dieser Gratwanderung klappt.
Singles an der Börse
Für die mehr als 22 Millionen Singles in Deutschland gibt es inzwischen rund 2.500 Singlebörsen. Die größten Gruppen sind dabei Singlebörsen zum Flirten und Chatten, Partnervermittlung für die Suche nach dem Partner fürs Leben und Casual-Dating-Portale für unverbindlichen Sex. Darunter finden sich dann viele teils sehr spezifische Seiten – beispielsweise gibt es Online-Dating-Angebote speziell für Veganer, Gothics oder Schwaben. Inzwischen ist das beliebteste Gerät für die Online-Partnersuche das Smartphone und löst damit den Computer oder Laptop ab.
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Immer noch Singledasein – aber mit Cappuccino
Also habe ich versucht, so ehrlich wie möglich zu bleiben, ohne mich jetzt mit aller Gewalt uninteressant zu machen. Und ich habe mir vorgenommen, die Treffen ein wenig vorzubereiten. Ich habe versucht, vorher ein paar tiefsinnig-romantische Texte auszutauschen, eine meiner Stärken. Und etwas länger zu telefonieren, denn auch meine Telefonstimme gehört eher zu meinen angenehmen Seiten.
Aber Auge in Auge verschob sich das alles wieder. Hatte ich mir noch Mühe gegeben, meine Figur als die eines kuscheligen Teddys zu beschreiben, hieß es das eine oder andere Mal sofort: „Oh, du bist ja wirklich ziemlich dick.“ Ich weiß zwar nicht, mit was für Teddys diese Frauen früher gespielt haben, aber die Bemerkung war zumindest ehrlich gemeint. Und man konnte sich sehr schnell überlegen, ob man jetzt wirklich noch mehr als einen Cappuccino in das Date investieren sollte.
Das mit den Texten war auch so eine Sache. Denn sich als Romantiker zu outen, kann schnell nach hinten losgehen, zumindest bei Frauen, die deshalb zu solchen Treffen gehen, weil sie in ihrem Leben noch einmal komplett neu durchstarten wollen, nicht selten mit einer Art Jet-Set-Romantik vor Augen. Und da steht Romantik als Textform nicht sehr weit oben auf der Wunschliste. Also hieß es oft: „Sehr schöne Texte, versuche doch mal, sie irgendwo zu veröffentlichen. Und was sagst du nun eigentlich zu Kapstadt? Oder doch lieber New York?“ Auch das Telefonieren relativiert sich recht schnell, zumindest dann, wenn man gesagt bekommt, dass das im Moment reine Zeitverschwendung sei, telefonieren könne jeder. Also ab zum Date, gegenseitiges Durchchecken, und wieder abgehakt werden.
Das mag jetzt deutlich negativer klingen, als ich es wirklich empfunden habe. Ich weiß nicht, wie es meine „Dates“ gesehen haben, aber für mich war es überhaupt keine verlorene Zeit. Ich habe ein paar sympathische und schöne Frauen kennengelernt, habe Mal für Mal auch tiefer in mein eigenes Herz schauen können, und ich habe ein brauchbares Gespür für guten Cappuccino entwickelt. Immerhin.
Und zwischen meinen beiden „Dating-Schüben“ habe ich durchaus erfüllte Beziehungen geführt. Mit viel Romantik, langen, nächtlichen Telefonaten und tiefen Gefühlen. Zwar ohne Kapstadt und New York, dafür aber mit Nizza und Cannes, und mit den Wochenenden zwischendurch …

Der richtige Zeitpunkt zum Beenden des Singledaseins!
Die beste Zeit um auf Online-Dating-Plattformen unterwegs zu sein und somit auch Nachrichten zu versenden ist Sonntag abends – hier sind die meisten Singles online! Allgemein sind die Abendstunden die beliebteste Uhrzeit, um online zu chatten und zu flirten – und somit auch eine schnelle Antwort zu erhalten. Die beste Jahreszeit um beim Online-Dating das ganz große Glück zu finden sind die Wintermonate: In der Vorweihnachtszeit bis hin zum Valentinstag boomt der Markt – es gibt mehr aktive Nutzer sowie Neuanmeldungen.
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Allein, nicht einsam als Single
Inzwischen bin ich ganz gerne Single. Ich habe einen Job, der bei aller Anstrengung auch Spaß macht, in einem tollen Team, das glücklicherweise nicht nur aus alten Männern wie mir besteht. Ich habe auch zuhause eigentlich immer Menschen um mich, höre ihrem Tun, ihrem Lachen, ihrem Ärger zu. Und wenn ich nachts bei offenem Fenster schlafe, genieße ich es, den diffusen Stimmen des Leipziger Nachtlebens zu lauschen, hier ein wenig bierselig-melancholisch, dort ein leidenschaftlicher, enthemmter Frauen-Karaoke-Abend vom anderen Ende der Straße.
Und vor allem habe ich ja meine Kinder und Enkel, meine Eltern und Geschwister und fahre gern durchs ganze Land, um mir liebevolle Umarmungen abzuholen. Hier als „cooler Opa“, dort als alt gewordener Sohn („Wann schaffst du dir endlich wieder eine Frau an?“). Zwischendurch genieße ich dann aber auch die ungestörte Ruhe, freue mich, dass ich mit niemandem über meinen Einkaufszettel oder meinen Speiseplan streiten muss. Eigentlich könnte es gern so bleiben – aber wir wissen alle, dass es nicht so sein wird. Leben ist Veränderung, so oder so …

Auch im Endlos-Singledasein weiter träumen
Übrigens, in einem der längeren Dating-Gespräche, in dem wir beide uns schon längst klar darüber waren, dass es mit uns nicht weitergeht, hat mir mein Gegenüber den Rat gegeben: „Träum weiter!“ Und das war von ihr überhaupt nicht böse oder abwertend gemeint. Sondern es war der feinfühlige Rat, diese Träume, vor allem die Tagträume, mehr wertzuschätzen. Sie nicht nur als unerfüllte Wünsche zu interpretieren, sondern als der Teil des Lebens, der zwar kompensiert, aber das auf eine sehr motivierende und durchaus auch erfüllende Art und Weise.
Zwar muss man aufpassen, dass man nicht zu viele seiner eigenen Wünsche jetzt komplett in den Raum der Träume verbannt, oder dass umgekehrt die Tagträume sich nicht verselbständigen und mehr Last als Lust sind. Obwohl, auch das muss mal sein – ein wenig Melancholie zu pflegen und das Gefühl dafür nicht ganz zu verlieren, das da noch was ist. Etwas, das im wirklichen Leben tausendmal erfüllender sein kann, als wenn man es nur träumt. Etwas, für das immer eine Tür offen bleiben sollte. Und bis dahin bleibe ich allein, aber auf keinen Fall einsam …
Uwe Funk