In unserer heutigen Welt der immer weiter fortschreitenden Optimierung sollte möglichst alles, was wir tun, einen bestimmten Zweck verfolgen. Aber muss das wirklich so sein? Kannst du nicht einfach mal was anderes machen? Etwas Sinnloses, vielleicht sogar Verrücktes? Dieser Artikel soll dir als Inspiration dienen, gängige Denkmuster auf der Suche nach dem Sinn des Lebens zu hinterfragen und „out of the box“ zu denken, um deinen Sinn und dein Lebensglück zu finden.
Morgens auf die Arbeit fahren, danach zum Sport, um gut auszusehen. Zu Hause angekommen wird meditiert und Abends um acht geht der neue Online-Kurs los, um die eigenen Fähigkeiten zu verbessern. So soll laut einigen Leuten der perfekte Alltag aussehen. Bloß keine Sekunde mit Dingen verschwenden, die dich nicht weiterbringen oder deine Zukunft verbessern. Verstehe mich nicht falsch; natürlich ist es wichtig, sich weiterzubilden, seinen Verantwortungen nachzukommen und als Mensch zu wachsen. Aber muss wirklich alles, was du tust, immer einen Sinn haben?
Was ist „sinnvoll“?
Die erste Frage, die hierbei in den Sinn kommt: Was ist denn überhaupt sinnvoll und was nicht? Es gibt in keiner Fachliteratur eine festgelegte Definition darüber, was eine sinnvolle Aktivität überhaupt auszeichnet. Viele Dinge, die dir als sinnvoll erscheinen, werden von anderen möglicherweise als Zeitverschwendung oder nutzlos wahrgenommen. Umgekehrt wirst du dich bei anderen fragen, warum sie ihre Zeit mit so vielen sinnfreien Aktivitäten verschwenden.
Was als sinnvoll wahrgenommen wird und was nicht, hängt in erster Linie vom Selbstvertrauen und dem Selbstbewusstsein der jeweiligen Personen ab. Die bisherige Lebenserfahrung, die Art der Arbeit, moralische Ansichten und die finanzielle Situation können die Perspektive auf Aktivitäten verändern und sie mehr oder weniger sinnvoll erscheinen lassen.
Für viele Menschen ist sinnvoll gleichbedeutend mit Produktivität, also einer Tätigkeit, die ein bestimmtes (erwünschtes) Ergebnis produziert. Nach dieser Definition wären Schlafen, Kulturveranstaltungen, Meditation und selbst Zeit mit Freunden und der Familie sinnlose Zeitverschwendung, sofern die nicht mit etwas Produktivem verknüpft werden. Die Frage nach sinnvollen Aktivitäten kann daher nicht immer einfach mit den direkten Ergebnissen aus der Aktivität beantwortet werden.

Spontaneität
Unter Spontaneität verstehen wir positive Unkompliziertheit. Die Fähigkeit, unvermittelt aus dem Bauch heraus zu handeln, ohne groß darüber nachzudenken. Spontane Menschen haben die Fähigkeit, Pläne kurzfristig zu verwerfen und anders zu handeln, ohne dass das für sie mit Stress oder anderen negativen Emotionen verbunden ist.
Eine hohe Spontaneität kann aber auch dafür sorgen, dass Menschen schwer einzuschätzen sind. Sie handeln öfter unvorhersehbar und neigen dazu, weniger zuverlässig zu sein. Im Gegensatz zu weniger spontanen Menschen legen sie in der Regel weniger Wert auf Planung, Struktur und Organisation und können auch mit chaotischen Situationen gut umgehen. Spontaneität ist eine Charaktereigenschaft, die zunächst nicht positiv oder negativ zu bewerten ist. Welche Charakterzüge sich tatsächlich zeigen, hängt von der mentalen Verfassung der jeweiligen Person ab.
Der Druck von außen
Auch auf den ersten Blick in vielerlei Hinsicht sinnlose Aktivitäten können daher sinnstiftend sein. Unsere Gesellschaft hat im Allgemeinen zumindest eine gewisse Vorstellung davon, was sinnvoll ist und was nicht. Dieser Druck der gesellschaftlichen Erwartungshaltung kann für diejenigen, die mit diesen Normen nicht konform gehen, sehr belastend sein. Was wäre, wenn man es schaffen könnte, mit einer sinnlosen Aktivität diese Belastung zu mindern und einfach mal etwas Druck abzulassen? Wäre das immer noch sinnlos? Oder hättest du dich dadurch, dass du einfach mal etwas Verrücktes machst, ohne auf die gesellschaftlichen Normen zu achten, vielleicht sogar besser auf die Zukunft und die anstehenden Aufgaben des Alltags vorbereitet?
Zeiten ändern sich
Was in einer Gesellschaft als sinnvoll erachtet wird und was nicht, ist übrigens nicht in Stein gemeißelt. So wie sich Modetrends Jahr für Jahr verändern, verändern sich über die Zeit auch gesellschaftliche Normen. Noch vor 50 Jahren wäre es undenkbar gewesen, dass Frauen die Hauptverdiener einer Familie sind, dass im Homeoffice gearbeitet wird, oder dass die Arbeit selbst nicht der eigentliche Hauptzweck eines Menschen ist. Im Laufe der Zeit gab es aber immer wieder Menschen, die aus der Norm ausgebrochen sind – etwas Verrücktes gemacht haben – und diese Denkmuster dadurch aufgebrochen und verändert haben.
Auch unser heutiger Alltag ist nur ein Abbild der gängigen gesellschaftlichen Denkmuster. Viele Ansichten, die wir für selbstverständlich halten, sind erst seit wenigen Jahrzehnten verbreitet und akzeptiert und auch in Zukunft werden sich gesellschaftliche Visionen und Ansichten stetig verändern und entwickeln. Mit diesem Wissen ist es fast schon deine Pflicht, die Normen auch mal zu ignorieren und etwas Verrücktes auszuprobieren. Vielleicht kannst du damit zur Veränderung und Entwicklung der Gesellschaft beitragen.
Lachen und gute Laune sind gesund
Sich freuen ist gesund, von Herzen zu lachen kann sehr heilsam sein. Beim Lachen oder auch dem Verspüren anderer positiver Emotionen wird Dopamin ausgeschüttet. Dopamin wird umgangssprachlich auch als das Wohlfühl-Hormon bezeichnet. Dopamin macht uns kurzfristig glücklich.
Kalendersprüche wie „Ein Tag ohne Lächeln ist ein verlorener Tag“ mögen abgedroschen klingen, es steckt aber viel Wahrheit dahinter. Die Wissenschaft ist sich einig, dass Menschen, die häufig lachen und gute Laune haben, generell glücklicher und zufriedener sind, seltener krank werden und meist auch mehr Erfolg im Beruf und dem Familienleben haben. Um langfristig fit und gesund zu bleiben ist es deshalb wichtig, regelmäßig Dinge zu tun, die deine Laune heben und dich zum Lachen bringen.
Spontaneität muss sein
Spontaneität ist eine wichtige Komponente unseres Alltags. Selbst die am besten organisierten und diszipliniertesten Menschen unter uns werden sich selten zu 100 Prozent an ihre Tagesplanung halten. Häufig haben wir Impulse, die etwas über unsere aktuellen Bedürfnisse aussagen. Ist es sinnvoll, diesen immer zu folgen und das ganze Leben aus dem Bauch heraus zu entscheiden? Nein, sicher nicht! Trotzdem sollten wir uns nicht schlecht fühlen, wenn wir uns öfter mal spontan entscheiden, die Pläne über den Haufen zu werfen und etwas Verrücktes zu machen.
Innere Impulse und Bedürfnisse geben häufig einen Einblick in unser Seelenleben darüber, was uns tief in uns selbst wichtig ist. Ab und zu mal die starren Muster zu verlassen und aus dem Bauch heraus zu entscheiden, ist wichtig für unsere innere Balance und kann sogar sinnstiftend sein. Denn Sinn findet man selten nur durch Nachdenken, sondern meist durch Handeln. Der innere Impuls etwas Bestimmtes zu machen, sagt häufig mehr über das eigene Verständnis von Sinn aus, als stundenlanges Nachdenken oder analytisches Philosophieren über den Sinn des Lebens. Insofern sollten wir uns erlauben, öfter mal auf unser Bauchgefühl zu hören und unseren inneren Impulsen nachzugeben, ohne dabei gleich ein schlechtes Gewissen zu bekommen.

Spaß und Spontanität sind kein Luxus
Auch Spaß kann übrigens sinnvoll sein. In unserer Gesellschaft steht Spaß, besonders in großen Mengen, immer erst einmal im Verdacht, sinnfrei zu sein. Diese Annahme ist aber völlig falsch. Das Verspüren von Lebensfreude ist ein essenzieller Teil unseres Lebenssinns und langfristig unverzichtbar. Gibt es Phasen, in denen „der Ernst des Lebens“ Priorität hat? Absolut! Wer aber sehr lang keine Lebensfreude mehr verspürt, wird depressiv, antriebslos und über kurz oder lang weder Spaß haben noch produktiv sein.
Was Spaß macht und Freude bereitet, ist übrigens sehr individuell. Es gibt tatsächlich einige Menschen, denen bereitet Arbeit, Erfolg und Macht so viel Lebensfreude, dass sie nichts anderes brauchen. Diese Menschen sind aber die absolute Ausnahme. Für die meisten und wahrscheinlich auch für dich ist es sehr wichtig, regelmäßig Spaß und Lebensfreude zu verspüren. Ob du dir diese Freude über Lesen, Musik hören, Feiern, oder ein anderes Hobby holst, spielt unterm Strich keine Rolle. Daher ist die Trennung in die Kategorien sinnvoll und sinnfrei in Bezug auf Spaß und Produktivität weder möglich noch zielführend. Lass dich hier nicht von den gesellschaftlichen Normen verunsichern und hole dir deinen Spaß und deine Lebensfreude auf dem Weg, der dir persönlich am meisten zusagt.
Wie schaffe ich es, einfach mal was Verrücktes zu machen?
Es fällt uns oft nicht leicht, unsere antrainierte Fixierung auf den Sinn einfach abzulegen. Mit Tipps und Übungen kann man diese Sinnfixierung aber wieder abtrainieren. Hier sind zwei Tipps, mit denen du an deiner Spontaneität arbeiten kannst.
Selbstbeobachtung
Viele Menschen würden sich selbst als spontan einschätzen. Aber stimmt das wirklich? Beobachte dich einmal genauer. Wann hast du das letzte Mal auf deine Intuition gehört? Wie fühlst du dich, wenn du auf deinen Bauch hörst? Ist dir Planbarkeit und Ordnung wichtig? Traue dich, deine Glaubenssätze über dich selbst zu hinterfragen. Wenn dir bewusst ist, dass du möglicherweise viel weniger spontan bist, als du bisher dachtest, wird es dir deutlich leichter fallen, an deiner Spontaneität zu arbeiten.
Suche dir Vorbilder
Wenn du jetzt feststellst, dass du doch sehr sinnfixiert bist und deine Spontaneität zu wünschen übrig lässt, kannst du dir Vorbilder aus Filmen, Serien oder dem echten Leben suchen. Die Attraktivität vieler Charaktere fußt darauf, dass sie außerhalb der Norm agieren, verrückte Dinge tun und ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellung gestalten. Denke dabei an die vielen bekannten Musiker, Schauspieler oder Sportprofis, die ihr Leben ausschließlich Aktivitäten widmen, die für die meisten Menschen maximal ein Hobby sind. Sind diese Menschen ein bisschen verrückt? Sicherlich! Aber sind sie damit glücklich und erfolgreich? Auf jeden Fall!
Weil du spontan sein kannst …
Zusammengefasst kann man sagen, dass es sehr wichtig ist, sich selbst die Freiheit einzuräumen, einfach mal etwas „sinnloses“ zu machen, einfach, weil man gerade den Drang danach verspürt. Dabei ist es wichtig, diese „verschwendete“ Zeit nicht abzuwerten, sondern anzuerkennen, dass sie notwendig ist, um sich auf Dauer wohlzufühlen und zu funktionieren.
Die Zeiten für diese Momente der Freude, des Genießens, des Spaßes und des Lächelns sollten nicht geplant werden. Viel mehr solltest du sie dann annehmen, wenn sie aufkommen. Spontaneität ist nicht planbar, genauso wie deine Gefühle, deine Impulse und dein Bedürfnis nach Freude nicht planbar sind. Es ist daher sinnvoll, deinen Alltag so zu planen, dass du dir für alles, was du vorhast, genügend Zeit einräumst, um die kurzen kleinen Auszeiten des Alltags, die das Leben so lebenswert machen, genießen zu können.
Was du aus diesem Abschnitt mitnehmen solltest? Trau dich einfach mal was „Sinnloses“ zu machen, nur weil du es kannst und gerade Lust darauf hast. Rechtfertige dich nicht dafür, vor allem nicht vor dir selbst und genieße den Augenblick. Und vor allem plane es nicht und lass dich überraschen, zu welchen spontanen Dingen du in der Lage bist. Glücklicherweise! Denn diese vermeintlich sinnlosen Momente können am Ende viel sinnstiftender sein, als viele von uns im ersten Moment ahnen würden.

Übung: Trau dich, dir deine Träume zu erfüllen
Wir haben hier eine Übung für dich vorbereitet, die dir dabei helfen soll, mutiger zu werden und auch mal was Verrücktes zu machen. Für diese Übung brauchst du nichts außer einem Blatt Papier, auf das du eine Tabelle mit drei Spalten einzeichnest.
In die erste Spalte trägst du jetzt drei Dinge ein, die du gerne regelmäßig oder einmalig machen würdest. Denke gut darüber nach, was du dir schon lange vorgenommen, aber noch nie in die Tat umgesetzt hast.
In die zweite Spalte schreibst du die Gründe für deine Wünsche auf. Mache dir bewusst, warum du diese Aktivitäten machen willst, was du dir davon erwartest und welche positiven Auswirkungen sie auf dein Leben haben könnten.
In die dritte Spalte kommt nun der komplizierte Part, bei dem du wirklich ehrlich zu dir selbst sein musst: Warum hast du bisher keinen dieser Pläne in die Tat umgesetzt? Bitte denke hier wirklich genau darüber nach und gib dich nicht mit der ersten Ausrede zufrieden, die dir in den Kopf kommt. Dieser Part der Übung erfordert viel Selbstkritik. Wenn du deine Gründe aufgelistet hast, wählst du eine der drei Aktivitäten aus und machst dich gleich daran, diese umzusetzen. Freu dich darauf! Du bekommst die Chance etwas zu tun, was du schon immer machen wolltest.
Marion Herder