Ob es die Kälte des Winters ist, der noch frische Frühlingswind, die sengende Sonne im Sommer oder der kalte Regen im Herbst – wir müssen unseren Körper vor äußeren Einflüssen schützen. Unser Körper ist zwar mit der schützenden Haut umgeben, doch auch diese braucht Hilfe. Solche Unterstützungen können aus Kleidung, verschiedenen Cremés und anderen Pflegemitteln bestehen. Eine dicke Wolljacke hält uns warm, ein Regenschirm lässt die Nässe abperlen, Sonnenmilch reflektiert die schädlichen Strahlen und Cremés lassen die Haut nicht austrocknen. Doch wie handhaben das Naturvölker?

Schutz und Signal

Zuerst noch einmal der Blick auf unsere Kultur: Kleidung und Pflegeprodukte sind bei uns nicht nur reine Schutzmittel für Körper und Haut, sondern werden auch als Ausdrucks- und Kommunikationsmittel verwendet. Ein roter Lippenstift unterstreicht die Sinnlichkeit und Attraktivität einer Frau, ist Rot doch nicht nur die Farbe der Liebe, gleichwohl auch der Lebendigkeit und zudem Signalfarbe. Sie sagt, „Hier bin ich! Seht mich an! Beachtet und bewundert mich!“. Nebenbei pflegt ein roter Lippenstift meist auch die Lippen und macht die Haut schön geschmeidig, greift man zum richtigen Produkt.

Die Kleidung und eine bestimmte Art von Make-up kann Menschen so auch zu einer bestimmten Gruppe oder Gesinnung zugehörig darstellen. Die Einen zeichnen sich durch schwarze Kleidung und Schminke aus, die anderen bevorzugen angesagte und moderne Outfits und dazu passende Kosmetik. Ob diese dann noch den Körper schützen und pflegen, ist manchmal eher fraglich. Bei Naturvölkern verhält es sich ähnlich, auch sie verwenden ihre Körperpflegemittel als Ausdrucksmittel, doch haben diese oftmals eine viel tiefere Bedeutung als bei uns.

Schmuck und Farbe

Naturvölker in Afrika, Südamerika oder in Australien nehmen es ebenfalls sehr ernst mit der Pflege des Körpers und benutzen diesen Schutz gleichzeitig als Kommunikationsmittel. Da es in ihren Breitengraden meist sehr heiß ist, brauchen sie weniger Kleidung. Oft reicht ein Lendenschutz aus und der Rest der Bekleidung ist Schmuck. Riesige Ketten, große und lange Ohrringe oder die inzwischen bekannten Lippenpflöcke sollen die Zugehörigkeit zum Stamm anzeigen, werden bei Ritualen angelegt oder sind als einfache Verschönerung da.

Aber es gibt noch mehr! Naturvölker, egal welche, bemalen ihre Körper und das meist komplett. Dies Körperbemalung wird einerseits zur Pflege und zum Schutz der Haut getan, andererseits aber auch um sich zu kennzeichnen. Diese Bemalungen können somit auch als kreative Kleidung gesehen werden, eine, die dabei nur aus Farbe und Fett besteht.

Naturvolk und Kosmetik

Interessant bei den Körperbemalungen der Naturvölker ist jedoch die Frage, welche Cremés sie verwenden bzw. aus was die Pasten bestehen , mit denen sie sich pflegen und bemalen? Und was ist deren jeweilige Bedeutung? In einer Zeit, wo bei den westlichen Kulturen Bioprodukte, das Bedürfnis nach Natur und dem Selbstgemachten in den Fokus gerückt ist, sind diese Naturvölker doch vor allem Vorbilder.

Sie stellen ihre Farben und Pasten aus natürlichen Rohstoffen her, die sie in ihrer Umwelt finden. So besteht die rostrote Paste, mit denen sich das afrikanische Naturvolk Himba eincremt, aus Ocker, Butterfett und einem duftenden Extrakt des Omuzumba-Strauches. Damit reiben sie nicht nur ihren Körper, sondern auch ihre Haare ein und können somit besondere Frisuren herstellen. Diese verraten dann, ob eine Frau verheiratet oder im heiratsfähigem Alter ist. Erstere haben die Haare in Zöpfen mit der rostroten Paste nach hinten gelegt. Ein Mädchen im heiratsfähigem Alter trägt zwei dicke Zöpfe, die in die Stirn hängen und Mädchen vor der Pubertät tragen gedrehte Zöpfe ohne die schützende Paste. Haben die verheirateten Frauen auch ihre Ketten rostrot eingerieben, so sind sie bereits Mutter geworden.

Farbe und Zeichen

Ähnlich wie die Himba mit ihren Frisuren, handhaben es die indischen Frauen mit ihrem Bindi, dem Punkt zwischen ihren Augenbrauen. Der rote Punkt signalisiert, dass die Frau bereits verheiratet ist. Zudem ist es ein Segenszeichen und soll die jeweiligen Träger schützen. Der Punkt besteht dabei aus dem roten Kumkum-Pulver, das aus der Wurzel des Kurkuma gewonnen wird. Dieses verwenden die verheirateten Frauen ebenfalls, um sich den Anfang oder den kompletten Scheitel der Haare rot zu färben. Rot steht dabei in Indien für Liebe, Glück und Ehe.

Das Bindi, oder auch Tilaka genannt, kann aber ebenso aus einem Schmuckstück bestehen und ist auch bei Männern zu sehen. Die ursprüngliche Symbolisierung des Punktes liegt in dem dritten Auge des Menschen. Dieses befähigt dazu. den Blick nach Innen zu wenden und Dinge zu sehen, die außerhalb der normalen Wahrnehmung liegen. Heutzutage ist das Bindi jedoch auch zu einer Modeerscheinung geworden und nicht jede verheiratete indische Frau trägt ein rotes Bindi, dafür aber andere Frauen, die nicht verheiratet sind und teilweise sogar eine andere Glaubensrichtung besitzen.

Die Rothäute

Indianer werden oftmals als Rothäute benannt, dabei haben sie gar keine rote Haut. Ihre eigentliche Hautfarbe ist gelblich bis braun. Sie bemalen sich nur mit rot bei bestimmten Ritualen. Für die rote Farbe verwenden sie vor allem Erdfarben. Und selbst heute noch bewahren die Indianer diese Farbe in Lederbeuteln auf und tragen sie immer mit sich.

Als die Weißhäute im 15. Jahrhundert auf die Indianer trafen, sahen diese nur die besondere Bemalung und nannten sie deshalb Rothäute. Die Indianer selbst nennen sich Natives, was Ureinwohner bedeutet oder First Nation. Der Namen, der ihnen von den Weißen gegeben wurde, sagt ihnen weniger zu.

Ungleich und doch gleich

So gesehen gleichen sich viele Körperpflegemittel bei Naturvölkern und westlichen Kulturen. Ein großer Unterschied ist vor allem in Schönheitsidealen zu finden. In Japan wird weiße Haut als schön empfunden und ist ein Zeichen von Reinheit. In Europa kaufen wir Bräunungscreme, um eine dunklere Haut zu bekommen und Naturvölker mögen Ornamente. Für jeden bedeutet Schönheit aber bekanntlich etwas anderes. Durch Kosmetik versuchen wir, dieses Ideal zu erreichen, ob im Naturvolk oder in westlichen Kulturen. Somit ist eines klar: Überall ist Körperschmuck auch Kommunikationsmittel, ob als Zeichen eines Stammes oder Ausdruck von Schönheit.

Bildquellen: © Sven Vobig