Nimm dir nicht alles zu Herzen, das macht dein Herz nur schwer. Diesen liebevoll gemeinten Rat habe ich schon oft in meinem Leben gehört, und doch fällt es mir auch heute noch schwer, ihn zu beherzigen, obwohl er so weise ist. Doch es gibt auch einen Weg aus dem Herzschmerz.

Ich denke, fast jeder von uns kennt das Gefühl, wenn sich das das eigene Herz einmal schwer anfühlt oder sogar schmerzt. Herzschmerz kann durch die verschiedensten Situationen oder Ereignisse entstehen, zum Beispiel durch den Tod einer geliebtem Person, Liebeskummer, Trennung oder einen heftigen Streit, aber nicht immer sind die Gründe so klar. Auch große Belastungen, permanenter Stress, fehlende Anerkennung, Mobbing, Äußerungen von Menschen in unserem Umfeld oder andauernde Unzufriedenheit können unser Herz beschweren. 

Unser Herz ist ein Kummerkasten …

Gerade die unbewusste Schwere, die unser Herz langsam heimsucht, der Kummer, den wir oft nicht sofort bemerken, die leise aber stetig wachsende Unzufriedenheit, mit der wir uns lieber erst gar nicht beschäftigen möchten, aus Sorge, dass es unbequem für uns werden könnte. All das kann sich irgendwann als Herzschmerz oder Schwermut in unserem Herzen manifestieren. Der Alltag, der viele von uns bis auf Äußerste fordert und der uns oft kaum noch Zeit lässt, uns auf unser Herz zu konzentrieren. Das bewusste Fühlen und Träumen kommt häufig viel zu kurz, genauso wie das Ausleben der eigenen Sehnsüchte und Wünsche.

Und durch die extremen Anforderungen und Umstände dieser besonderen Zeit, glaube ich, liegt zusätzlich bei fast jedem von uns ein bisschen oder auch deutlich mehr Schwere als sonst auf dem Herzen. Deshalb ist es im Moment noch wichtiger als sonst, sich ganz bewusst Zeit für sein Herz zu nehmen und ihm zuzuhören. Diese Form der Selbstfürsorge ist eine wunderbare Unterstützung und in diesen energetisch sehr niedrig schwingenden Zeiten besonders wichtig. 

Der Kummer, der nicht spricht, nagt leise an dem Herzen, bis es bricht.

William Shakespeare

… und Quell’ aller Liebe

Aber warum spielt unser Herz eigentlich eine so große Rolle, wenn es um unser Wohlbefinden geht? Das Herz ist aus energetischer Sicht die Quelle unserer Liebe, die Heimat unserer Gefühle und Emotionen sowie unsere Verbindung zu unserer Seele und unserem höheren Selbst. Unser Herz kennt unsere geheimsten Träume und Sehnsüchte.

Aber auch aus körperlicher Sicht ist das Herz für uns lebenswichtig. Ohne die Versorgung durch das Herz könnte keines unserer Organe funktionieren. Unser Herz pumpt sozusagen das Leben durch unseren Körper. Aufgrund unserer Individualität, der vielen unterschiedlichen Eigenschaften unseres Herzens und der vielen verschiedenen Umstände, in denen wir Herzschmerz erfahren können, kann sich auch unser Herzschmerz und seine Intensität auf ganz vielfältige Weise äußern. Eine diffuse Schwere in der Herzgegend, Traurigkeit, Lustlosigkeit, Kummer oder Verzweiflung sind nur einige mögliche Anzeichen.

Es ist besonders wichtig, auch schon die ersten Anzeichen dieser Stimmungsveränderungen ernstzunehmen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Wie oder was fühlst du eigentlich wirklich? Was war vorher, gab es einen Auslöser oder hat sich die Gemüts- oder Gefühlsveränderung einfach eingeschlichen? Was könntest du tun, um dich wieder besser zu fühlen, sowohl kurzfristig als auch auf Dauer? Brauchst du vielleicht Unterstützung von außen? Wer könnte diese Person für dich sein, ein guter Freund oder ein Therapeut? Vielleicht sogar beide?

Je früher du die Signale deines Herzens erkennst, desto besser, denn andauernder Herzschmerz kann krank machen. Manchmal ist uns jedoch gar nicht bewusst, wie sehr uns manche Anforderungen, Situationen oder zwischenmenschliche Beziehungen in unserem Leben belasten, bis unser Herz, unsere Psyche oder der Rest unseres Körpers uns darauf aufmerksam machen. Die Folge können depressive Verstimmungen, Burnout, Depressionen, Broken-Heart-Syndrom oder andere Krankheiten sein, denn wenn unser Herz leidet, leiden auch unsere Psyche und unser Körper. 

Checkliste für Herzschmerzsignale

  • Diffuse Schwere in der Herzgegend 
  • Leichtes Ziehen in der Herzgegend 
  • Angst und Engegefühl in der Brust 
  • Traurigkeit mit und ohne Grund 
  • Schwermut und Melancholie 
  • Vermehrtes Weinen 
  • Kummer 
  • Niedergeschlagenheit 
  • Lustlosigkeit 
  • Verzweiflung 
  • Appetitlosigkeit 
  • Verschlechterte Schlafqualität 
  • In sich gekehrt sein und oder der Wunsch, alleine zu sein 
  • Für den Moment kann es unüberwindbar scheinen

Nimm den Herzschmerz an und ergründe Wege dagegen

Ich habe erkannt, dass es in meinem Leben immer mal wieder Phasen von Schwermut gegeben hat und geben wird. Ich würde es nicht unbedingt als Herzschmerz bezeichnen, aber als Signal meines Herzens, dass es mal wieder Zeit ist, genau hinzuschauen. Es gab Zeiten, in denen ich dieses Gefühl, das plötzlich einfach da war und von dem ich nie genau wusste, wie lange es bleibt, nicht einordnen konnte. Ich habe nicht verstanden, dass mein Herz versucht hat, mir etwas mitzuteilen, mich auf etwas aufmerksam zu machen.

Aber durch das Praktizieren von Achtsamkeit, durch die bewusste Verbindung mit meinem Atem, durch Meditation und die Kommunikation mit meinem Unterbewusstsein, habe ich Zuhören und Verstehen gelernt. Ich durfte lernen, dass es völlig „okay“ ist, mal schwermütig zu sein, auch wenn es selbstverständlich absolut erstrebenswert ist, glücklich und erfüllt durchs Leben zu gehen. Aber es ist halt auch „okay“, wenn dem mal nicht so ist. Und es kann auch eine große Chance sein, durch das bewusste Erleben und Bewältigen dieser Phase dir selbst und deinem ganz persönlichen Glück näherzukommen, wenn du die Gelegenheit nutzt, um zu ergründen, was deine Gefühle und dein Herz dir sagen möchten.

Verbinde dich mit deinem Herzen durch eine Meditation oder Atemübung und nimm wahr. Ich kann dir aus Erfahrung sagen, meistens kommt nicht sofort die gewünschte „Erleuchtung.“ Aber es lohnt sich, dranzubleiben und diese Übungen in deine tägliche Routine einzubauen. So wird mit der Zeit nicht nur die Kommunikation zwischen dir und deinem Herzen immer besser, sondern du kommst dir selbst, deiner Zufriedenheit und deinem Glück Stück für Stück näher. Für mich haben schwermütige Phasen oder Gemütsschwankungen einiges von ihrem Schreckenscharakter verloren, weil ich weiß, dass mir mit meinem Herzen in Resonanz zu gehen hilft, diese Phasen zu bewältigen und aus ihnen zu lernen. 

Herzschmerz oder mehr?

Allerdings ist mir ganz wichtig, die schwermütigen Phasen und Gemütsschwankungen, die ich beschreibe, von tiefergehenden depressiven Verstimmungen, Depressionen, Burnout und anderen psychischen Erkrankungen klar abzugrenzen. Bei bei schwermütigen Phasen handelt es sich um Phasen, die fast alle von uns von Zeit zu Zeit durchleben. Häufig entstehen diese Phasen durch die bereits beschriebenen Umstände und dauern lediglich einige Tage bis wenige Wochen an. Es können trotz der meist eher niedergeschlagenen Stimmung noch positive Gefühle empfunden werden, die auch stetig weiter zunehmen. Positives Denken, Persönlichkeitsentwicklung, Sport oder das Ausleben von Hobbys helfen zusätzlich, das Wohlbefinden zu verbessern. Außerdem kann der Alltag ohne große Mühe weiter bewältigt werden.

Bei den oben genannten psychischen Erkrankungen sieht das meistens ganz anders aus. Die häufig vorherrschenden Anzeichen sind Antriebslosigkeit, die Abwesenheit von Interessen und Gefühlen, Niedergeschlagenheit oder Freudlosigkeit. Sie werden oft von weiteren psychischen und körperlichen Symptomen begleitet. Soziale Kontakte und Freizeitaktivitäten werden meist vollständig vermieden und das Aufrechterhalten des Alltags ist in vielen Fällen nicht oder nur schwer möglich. 

Depression

Die genauen Klassifikationen und Unterscheidungen findet ihr im ICD 10 („International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems“) 
Bei einer Depression leidet der Betroffene an gedrückter Stimmung, Antriebslosigkeit und Interessensverlust. Häufig wird ein Gefühl der Gefühllosigkeit wahrgenommen,  es wird weder Freude noch Leid empfunden. Neben den Hauptsymptomen können aber auch noch etliche Begleitsymptome auftreten, wie zum Beispiel Hilf- und Hoffnungslosigkeit, Konzentrationsstörungen, verminderte Gedächtnisleistung, Müdigkeit, totale Demotivation, Reizbarkeit, sozialer Rückzug, Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, Kopfschmerzen und Verspannungen.

Teilen ist der beste Weg aus dem Herzschmerz

Bitte suche dir in solch einem Fall eine Person in deinem nahen Umfeld, mit der du über deine Situation und vielleicht sogar über dein Befinden reden kannst und möchtest. Zusätzlich ist es ganz wichtig, sich Hilfe bei einem entsprechend ausgebildeten Therapeuten oder Psychologen zu suchen. Außerdem gibt es in vielen Städte Beratungseinrichtungen, in denen dir schnell und unbürokratisch zugehört und geholfen wird. 

Nimm dir nicht alles zum Herzen

Zum Schluss möchte ich euch noch dazu einladen, mit mir eine kleine Übung zu machen. Durch das Schreiben dieses Artikels ist mir noch einmal ganz deutlich geworden, wie wichtig es ist, sich nicht alles zu Herzen zu nehmen. Und wenn ihr, wie ich, dazu neigt, versucht doch einmal ganz bewusst, das nicht zu tun! Vergegenwärtigt euch den Moment, in dem ihr euch gerade etwas zu Herzen nehmen wollt und fragt euch, ist es für mich so wichtig, dass ich mein Herz damit jetzt beschweren möchte oder muss?

Hatte mein Gegenüber wirklich kränkende oder verletzende Absichten oder war er vielleicht einfach abgelenkt oder mit sich selbst beschäftigt? Ihr werdet überrascht sein, wie oft ihr euch Sätze, Situationen, Gesten oder das Verhalten von anderen Menschen zu Herzen nehmt, die für euch letztlich gar nicht so wichtig sind oder die vielleicht gar nicht so gemeint waren. Achtet einmal bewusst darauf und entlastet so euch und euer Herz.

Atem- und Meditationsübung „Herzkohärenz“

Das Ziel dieser Atemübung ist es, unseren Atem mit unserem Herzen, unserem Verstand und unseren Gefühlen in Gleichklang zu bringen. 

Mach es dir bitte gemütlich und nimm eine für dich angenehme Haltung ein. Schließe nun deine Augen. Zentriere dich in deiner Mitte und konzentriere dich auf deine Atmung. Atme in deinem ganz einigen Rhythmus tief ein und aus. Versuche, in deinem eigenen Rhythmus so gleichmäßig wie möglich ein- und wieder auszuatmen. Zentriere dich immer mehr in deiner inneren Mitte. Spüre dein Herz, fühle es. Nimm dir die Zeit, die du brauchst, um dich mit deinem Herzen zu verbinden. Spüre seine Anwesenheit, spüre, wie es dich mit Sauerstoff, Kraft und Liebe versorgt.

Und während du immer tiefer in die Verbindung mit deinem Herzen gehst, konzentrierst du dich weiter auf deine Atmung. Während du einatmest, stellst du dir vor, wie dein Herz mit frischer Energie versorgt wird und diese Energie von deinem Herzen weiter durch deinen ganz Körper gepumpt wird. Spüre, wie die Energie durch deinen Körper fließt und sich in dir ausbreitet und dich stärkt.

Und während du ausatmest, stellst du dir vor, wie jegliche Schwere dein Herz über deinen Atem verlässt. Jegliche Schwere darf jetzt einfach ausgeatmet werden. Konzentriere dich auf deine Atmung, während du immer tiefer in die Verbindung mit deinem Herzen gehst. Versuche diese Atmung für circa zwei bis fünf Minuten zu halten. Wenn deine Gedanken abschweifen, führe sie immer wieder zu deiner Atmung und deiner Herzverbindung zurück. Wenn du möchtest, kannst du jetzt noch einen Schritt weiter gehen.

Bleib bei deiner regelmäßigen Atmung und stell dir weiter vor, wie dein Herz beim Einatmen mit frischer Energie versorgt wird und wie diese Energie weiter durch deinen ganzen Körper gepumpt wird. Spüre, wie die Energie durch deinen Körper fließt und sich in dir ausbreitet und dich stärkt. Während du ausatmest, stellst du dir wieder vor, wie jegliche Schwere dein Herz verlässt.

Und nun denkst du an eine schöne Erinnerung, ein besonderes Ereignis oder eine Person, die dich glücklich macht. Stell es dir vor deinem inneren Auge so genau wie möglich vor und werde dir dieser schönen Gefühle in deinem Herzen bewusst. Spüre die Gefühle, die in dir aufsteigen, in deinem Herzen. Durchflute nun deinen Körper ausgehend von deinem Herzen mit diesen wundervollen Gefühlen. Lass dich stärken von diesen positiven Emotionen. Nimm dir alle Zeit, die du brauchst, wenn es sich für dich richtig anfühlt, kannst du diese Übung über deinen Atem beenden. Atme noch einige Male ganz bewusst ein und aus und öffne die Augen, wenn du es möchtest. 

Nina Beckmann

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