Hingabe, was für ein schönes Wort, erinnert es doch so ein bisschen an die bedingungslose Liebe, jene Liebe, die eine Mutter für ihr Baby empfindet, eine Mutter, die ihr Kind mit absoluter Hingabe liebt, ganz egal, wie oft und wie intensiv das Baby die Windeln vollmacht. Aber wie steht es um die Hingabe in der Partnerschaft? Ist sie ein angesagtes Instrument, um den Partner an sich zu „fesseln“? Die Antwort auf diese Frage kann nur sehr ambivalent ausfallen.

Alles hat viel mit Psychologie zu tun

Grundsätzlich sollte (und muss auch) Partnerschaft auf „Augenhöhe“ stattfinden, um lange Bestand zu haben. Der cholerische „schlagkräftige“ Mann, der bei jeder Gelegenheit seine Frau gewaltsam in eine Angstposition zwingt, kann und sollte davon ausgehen, dass seine Partnerschaft nicht lange Bestand haben kann. Das ist nun ein Extrembeispiel, die Beziehungen zwischen den Menschen haben quasi unendlich viele Facetten. Viele Paare einigen sich sogar (im Vorfeld) auf sexuelle Spielarten, in denen einer stark dominiert, und der Andere sogar bewusst devot Peitschenschläge ertragen mag für Vergehen, die er gar nicht begangen hat.

Wenn sich Partner mit bestimmten Neigungen finden und gut ergänzen, das ist in der Tat ein großes Glück. Ohne offene Gespräche über ihre „gefühlte“ Sexualität kann das aber nicht funktionieren. Zugleich setzt dies eine gewisse Fähigkeit der Analyse der eigenen Person voraus, soll heißen, man sollte auch zu seinen Neigungen stehen. Ein typisches Beispiel ist die dominante Mutter.

Der kleine Junge, der ständig eine überstarke Mutter erlebt, die auch den Vater total im Griff hat und selbst für jede Kleinigkeit hart bestraft wird, könnte (das muss nicht immer so sein) als erwachsener Mann sehr dazu neigen, Frauenstiefel zu küssen und sich dafür peitschen zu lassen, falls er es nicht richtig gemacht hat (und er hat es natürlich „falsch“ gemacht).

Hingabe, die funktioniert

Das obige Beispiel beschreibt nur eine Facette, wie sexuelle Hingabe aussehen kann. Es funktioniert nur dann, wenn sich zufällig die Partnerin selbst an ihrer starken Mutter orientiert und sexuelle Erregung daran empfinden kann, einen gefesselten Mann ordentlich in seine Schranken zu weisen. In diesem Fall ist Spaß ohne Ende angesagt.

Die Realität sieht aber meistens leider ganz anders aus. Die Frau ersehnt sich aufgrund ihres eigenen „Übervaters“ vielleicht auch eher einen „richtigen Kerl“, der sie „hart ran nimmt“. Eine solche Beziehung ist absolut zum Scheitern verurteilt.

Beide Partner haben ständig ihre sexuellen Fantasien, die niemals erfüllt werden können. Daher ist das offene Gespräch über Sexualität gerade auch in der noch jungen Partnerschaft so immens wichtig. Wenn sich dabei nämlich herausstellt, dass die Vorstellungen sehr weit auseinanderklaffen, lohnt es sich sehr, darüber nachzudenken, ob man es lieber bei einer platonischen Freundschaft belässt.

Was gar nicht gut ist

Zu Beginn wurde schon auf die sogenannte „Augenhöhe“ hingewiesen. Es gibt leider sehr viele Beziehungen, in denen der Eine den Anderen mit großer Hingabe liebt, der Andere aber solche Gefühle überhaupt nicht entwickelt. Nehmen wir als extremes Beispiel das „hässliche Entlein“, das über beide Ohren in den schwarzhaarigen Schönling und Frauenheld verliebt ist.

Bei ihr ist es die totale Hingabe, und bei ihm vergrößert sich immer mehr sein Gefühl von Macht, die er immer grausamer gegen sie einsetzt. Mit der Zeit beginnt er sogar sein „Entlein“ für ihre bedingungslose Liebe zu hassen, weil er im Grunde genommen eine gleichwertige Partnerin braucht, die auch mal massiv Widerstand leisten kann.

Dies soll vor allem der Versuch einer Antwort auf den zweiten Teil der obigen Frage sein. Etwas Hingabe kann ganz schön bereichernd sein, wenn Hingabe hier und da von beiden Partnern ausgeht. Ist es nur immer einer von beiden, und das auch noch mit hoher Intensität, dann endet die Beziehung in aller Regel in einer Katastrophe.

Bildquellen: Raphael Hilliger