Viele spielen mit dem Gedanken, sich eine Auszeit zu nehmen. Dabei gibt es eine Menge zu beachten, damit man die Zeit für sich voll ausschöpfen kann. Und auch an die Zeit der Wiederheimkehr muss gedacht sein, damit man nicht nur den Weg genießen kann, sondern eben auch das Zuhause.

Vor etwa drei Jahren packte Sebastian T. seine Sachen, stieg ins Auto und ging weg – nicht für immer, aber für 15 Monate. Er fuhr durch Ost- und Südeuropa und hat entlang der Reise an verschiedenen Orten und Gegenden mal mehr, mal weniger lange Halt gemacht. Die erste Station war Tschechien, danach ging es in die Slowakei, Polen, Ungarn, Slowenien und weiter über Kroatien, Bosnien-Herzegovina, Montenegro und Albanien nach Griechenland. Von dort führte sein Weg ihn weiter durch die Türkei, Bulgarien und Mazedonien. Über Serbien und Ungarn ging es dann wieder zurück nach Deutschland. Laut einer Studie im Auftrag des Ferienwohnung-Portals Wimdu würde es Sebastian fast jeder zweite Deutsche gern gleich tun.
Sich eine längere Auszeit zu nehmen, ist keine Seltenheit mehr. Nicht nur weil einem vielleicht der Druck der Arbeitswelt zu viel wird, sondern weil man seine Lebensumstände hinterfragt, einen Wunsch nach Selbstbestimmung hegt. Aber die Gründe sind so unterschiedlich wie die Wege, sich eine Pause zu gestalten. Etwa 57 Prozent der in der Studie befragten Personen, die sich eine Auszeit nehmen wollen, wünschen sich Zeit für sich und ihre Interessen und wollen gern reisen. 54 Prozent der Befragten möchten gern neue Perspektiven entdecken und sich selbst finden.

Auch wenn also viele spüren, dass sie eine Auszeit brauchen, nehmen sich viele diese Pause nicht. Was hält uns ab? Teilweise sicherlich das Wie. Was sind also die Optionen?

Viele Möglichkeiten

Es gibt die Möglichkeit, eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber für ein Sabbatjahr, oder auch Sabbatical, zu finden. Die Dauer beträgt in der Regel drei bis zwölf Monate. Dafür kann man beispielsweise Überstunden auf einem Zeitkonto anhäufen. Man kann aber auch, wie Sebastian, der mit seiner damaligen Arbeitssituation als wissenschaftlicher Mitarbeiter unglücklich war, etwas Geld ansparen, seine Arbeit kündigen und sich die Auszeit nehmen bevor man eine neue Stelle sucht. Eine Auszeit kann den Abschluss einer Lebensphase markieren: Man hat vielleicht das Studium beendet und möchte für ein paar Monate nach Neuseeland, um den Kopf frei zu bekommen, bevor es weitergeht. Während der Eine erst sehen muss, was er vom Leben will, weiß der Andere das längst und geht gerade deshalb für eine Weile weg.

Auch die Arten, wie man seine Auszeit gestalten kann, sind sehr unterschiedlich. Einige möchten etwas zurückgeben, sich sozial engagieren und entscheiden sich deshalb für Freiwilligenarbeit, um beispielsweise Armut zu bekämpfen oder Bildungsinstitutionen in anderen Ländern mit aufzubauen. Man sollte also herausfinden, welche Art der Freiwilligenarbeit man machen möchte, und natürlich wo. Work & Travel ist ebenfalls eine beliebte Variante. Dabei finanziert man seine Reise durch Jobs an den Reiseorten. Eine Variante davon entdeckte Sebastian für sich:

Er wollte intensiv am Leben der Menschen teilnehmen und ist auf das Prinzip „WWoofing“ gestoßen. WWoof heißt „World wide Opportunities on organic Farms“ und bedeutet, zu Gast auf einer (ökologisch betriebenen) Farm zu sein. Wichtig ist dabei, sich mit den Regelungen des Ziellandes bekannt zu machen: Manche Länder haben für die Vergabe von Arbeitsvisa für Work & Travel obere Altersgrenzen. Aber auch wenn man während der Auszeit Geld verdienen wird, sollte man die Finanzplanung ernst nehmen und etwas beiseite legen.

Was will ich?

Bevor es losgeht sollte man überlegen, was man sich von seiner Reise wünscht und erwartet. Sebastian ist begeisterter Bergwanderer und hat das bei seiner Reiseplanung berücksichtigt. Andere verschlägt es vielleicht eher in Gegenden mit viel Strand und Sonne. Oder sie wollen eine Sprache lernen und besuchen Länder, in denen sie gesprochen wird.

Prinzipiell sollte man sich für die Planung Zeit nehmen. Wie viel, ist natürlich ganz individuell. Während Sebastian sich vier Monate für die Planung nahm, brauchen andere mehrere Jahre dafür. Wer gern Menschen kennenlernt und auch Geld sparen möchte, kann Konzepte wie Housesitting und Couchsurfing für sich nutzen. Während man beim Housesitting auf das Zuhause von Menschen aufpasst, die gerade selbst nicht da sind, schläft man beim Couchsurfing auf der Couch seines Gastgebers und lernt diesen natürlich so auch kennen. Bei aller Vorbereitung sollte man aber auch wissen, dass man nicht alles im Voraus planen kann. Davon kann auch Sebastian berichten: „Die wirklich essentiellen Fragen und Probleme ergeben sich sowieso erst auf der Reise. Woran erkenne ich geeignete Schlafplätze, wo ist die nächste Trinkwasserquelle? Alle Vorbereitung und Planung ist sicher wichtig. Ich denke noch wichtiger ist die Einsicht, dass nicht alles vorhersehbar und planbar ist, und darin liegt sicher auch ein großer Reiz einer langen Reise.“ Trotzdem meint er, dass natürlich niemand unbedarft losziehen oder sich Hals über Kopf ins große Abenteuer stürzen sollte.

Wer geht, kommt an

Jeder hat seinen ganz eigenen Ausgangspunkt. Die Einen ziehen los und hoffen, sich selbst in einem neuen Kontext zu entdecken. Andere möchten sich Herausforderungen stellen, die ihr Alltag einfach nicht hergibt. Vielleicht will man auch einfach andere Kulturen kennenlernen oder die Welt sehen. Oder man hat schon so klare Vorstellungen, dass man gar nicht die großen Überraschungen erlebt. Man sollte nicht verzweifelt den Superlativen nachjagen, sondern die Erlebnisse nehmen, wie sie kommen:

„Es gab Überraschendes und Nachdenkliches, Trauriges und Schönes und alles dazwischen. Aber ein oder auch mehrere Ereignisse aus der Fülle herauszustellen, wäre nicht fair“, so Sebastian. Nicht jeder findet sich selbst, aber jeder kann neue Erfahrungen machen und Kraft schöpfen. Unter den Befragten der Wimdu-Studie ist die Anzahl der Frauen, die ihr Leben komplett umkrempeln möchten, übrigens mit 68 Prozent deutlich höher als unter den Männern, bei denen sich 32 Prozent eine derartige Veränderung wünschen. Ob man danach alles anders machen will als vorher oder wieder zurück in sein altes Leben kehrt: Auch das Ankommen ist eine Herausforderung, die neue Perspektiven eröffnet. Deshalb sollte man auch das mit in die Planung einbeziehen, denn es fällt oft nicht leicht, sich wieder an den alten Tagesablauf zu gewöhnen. Das bekam auch Sebastian zu spüren: „Es hat eine Weile gedauert sich wieder an ein ‚normales‘ Leben zu gewöhnen. Besonders an den Gedanken, wieder täglich arbeiten gehen zu müssen und, damit verbunden, die gelebte Freiheit aufzugeben.“

Er fuhr erst einmal mit einem Freund weg, um seine Gedanken zu sortieren und um herauszufinden, wie es weitergehen soll. Sozusagen ein Urlaub vom Urlaub. Aber wieder zurückkommen hat auch viele schöne Seiten: „Familie und Freunde wiedersehen, sich austauschen über die vergangene Zeit, auch von den anderen zu erfahren wie sich ihr Leben in der Zwischenzeit entwickelt hat, waren schöne Momente und es hat mir auch geholfen, den eigenen Blickwinkel wieder langsam an das ‚normale‘ Leben zu gewöhnen.“

Erinnerungen schaffen

Eine schöne Idee ist es, sowohl während der Auszeit als auch in der Zeit danach Tagebuch zu schreiben oder zu bloggen. So kann man festhalten, was einem wichtig ist, kann später auf die eigene Entwicklung zurückschauen und sich besser an alles erinnern, was man erlebt hat. So vergisst man auch keine der Geschichten, die man nun seinem Umfeld erzählen kann. Dabei gilt auch: Wer sein Umfeld von Anfang an mit einbezieht, kann auch auf Unterstützung zählen wenn er wieder nach Hause kommt. Natürlich kann so viel erlebte Freiheit auch süchtig machen:

So erzählt auch Sebastian, dass kürzere Reisen von ein bis zwei Wochen einfach nicht mehr denselben Reiz haben wie früher. Trotzdem rät er denen, die sich eine Auszeit wünschen: „Einfach machen. Es lohnt nicht zu grübeln, was alles unterwegs passieren könnte oder was danach kommt.“ 

Dieser Artikel stammt aus dem AUSZEIT-Magazin.

Bildquellen: Raphael Hilliger