Ein treffliches Sprichwort zum Thema ist: „Glück ist Wahrscheinlichkeit, die man persönlich nimmt.“. Wir versuchen dem persönlichen Glück auf den Grund zu gehen.

Die Worte Glück und glücklich werden auf mehrere Arten verwendet. Dabei lassen sich vier Grunddefinitionen unterscheiden, um die es im folgenden gehen soll. In der Alltagssprache bedeutet Glück genau das, was man mit dem Ausspruch „Viel Glück“ meint. In der folgenden Diskussion bezieht sich der Ausdruck dagegen auf den Unterschied zwischen Glück und Unglück. In der Praxis sollte dies keine Verwirrung verursachen.

1. Glück als Aberglaube

Dies wird durch den Glauben verkörpert, man könne zukünftiges Glück oder Pech beeinflussen, zum Beispiel durch absichtliche Handlungen (Ausblasen aller Kerzen auf einer Geburtstagstorte), oder versehentlich (Spiegel zerstören), oder durch Dinge, die in der Nähe passieren (schwarze Katze kreuzt den Weg), durch abstrakte Assoziationen (die „Unglückszahl“ 13), oder auch durch den Besitz talismanischer Gegenstände. Alle Kulturen haben ihre eigenen Aberglauben. Was solche Überzeugungen zum Aberglauben macht, ist natürlich die Tatsache, dass man nicht auf einen ursächlichen Zusammenhang hinweisen kann. Der Fokus auf zukünftige Ereignisse ist zwar prominent, jedoch ist auch der Glaube daran, dass vergangenes Pech durch einen Fluch verursacht wurde, ein weit verbreiteter Aberglaube, der sich im Gegensatz dazu auf die Vergangenheit bezieht.

2. Retrospektives Glück

Eine kurze Definition von (gutem) Glück ist, wenn das Ergebnis eines Zufallsereignisses für das davon betroffene Individuum günstig oder vorteilhaft ist. Die meisten von uns werden mit Blick auf unsere individuellen Erfahrungen in der Vergangenheit Fälle finden, wo wir Glück oder Unglück hatten – darum dreht sich der Begriff „retrospektives Glück“. Die folgenden Klassifikationen können bei der Erklärung behilflich sein: unvorhersehbare Verluste vs. erworbene Chancen, Unfälle, knappe Flucht vs. gezielte Bestrafung, Zufälle („zur falschen Zeit am falschen Ort“), zufällige Begegnungen, unliebsame Anomalien (in allgemein vorhersehbaren Angelegenheiten).

Diese Liste mag den einen oder anderen Leser zunächst skeptisch machen, weil die Kategorien etwas vage und überlappend anmuten und auf hypothetischen Beispielen basieren. Sie werden jedoch für die Realität sehr schnell relevant, wenn man zwei weiteren Kategorien hinzufügt: Handlungen anderer Menschen (wenn Sie wenig Einfluss auf diese Menschen haben), welche für Sie (un-)günstige Konsequenzen haben sowie die einmalige, vorsätzliche Risikobereitschaft (…so eine Chance erhalte ich nie wieder…), welche gut oder schlecht ausgeht. All dies bezieht sich auf unvergessliche Instanzen des Glücks, und nicht auf die alltäglichen Instanzen von geringfügigem Glück oder Pech, welche wir schnell vergessen.

3. Glück als die Ergreifung einer zukünftigen Gelegenheit

Der französische Chemiker und Erfinder des Verfahrens zur Haltbarmachung von flüssigen Lebensmitteln, Louis Pasteur, äußerte sich zu seinem Erfolg einmal sinngemäß so: „Der Zufall begünstigt den vorbereiteten Geist“. Dies erinnert uns daran, dass das Wort Chance oft im Sinne von Gelegenheit verwendet wird, zum Beispiel „Hier ist ihre Chance, in das Waschmittel der Zukunft zu investieren“. Leider führt die Suche nach weiterem Diskussionsmaterial über die Idee der Maximierung der eigenen zukünftigen Chancen in einen Morast von Lebenshilferatgebern und Esoterikbüchern. Ein Buch, das den Morast gekonnt umschifft, ist „The Luck Factor“ vom Psychologen Richard Wiseman. Das Buch basiert zum Teil auf Interviews mit mehreren hundert Menschen, die sich selbst als sehr glücklich oder unglücklich beschreiben. Der Autor formuliert seine Schlussfolgerungen als vier Prinzipien mit zwölf Subprinzipien aus:

1) Glückliche Menschen erschaffen, bemerken und bearbeiten die Chancen, die sich in ihrem Leben bieten.

2) Glückliche Menschen treffen erfolgreiche Entscheidungen, indem sie auf ihre Intuition und ihr Bauchgefühl vertrauen.

3) Die Erwartungen der glücklichen Menschen über die Zukunft helfen ihnen, ihre Träume und Ambitionen zu erfüllen.

4) Glückliche Menschen sind in der Lage, ihr Pech in Glück umzuwandeln.

Die grundlegende Kritik an diesem System ist, dass es sich (als implizite Beratung) nicht wirklich auf das Thema Glück konzentriert. Jede Sammlung von Maximen zum Thema „wie die Annahme einer positiven Einstellung zum Erfolg in Ihrem Leben beitragen wird“ würde dieselben Ratschläge erteilen. Dennoch ist es interessant, diesen Rat des Psychologen mit einem „philosophischeren“ Ansatz zu kontrastieren:

1) Seien Sie realistisch bei Urteilen (bewerten Sie die Wahrscheinlichkeiten und Leistungen so objektiv, wie Sie können).

2) Seien Sie realistisch bei Erwartungen (es gibt nur so viel, was man tun kann).

3) Seien Sie vorsichtig abenteuerlich (nicht so risikoscheu, dass Ihnen Chancen entgehen).

4) Seien Sie vorsichtig optimistisch.

4. Trennen zwischen den Erfolgsfaktoren Geschick und Glück

Oft mangelt es weder an Glück oder Erfolg, sondern schlichtweg am Können. Der beste Schauspieler der Welt wird keine einzige Rolle erhalten, wenn er nicht an seiner Aussprache arbeitet. Er mag sich denken, dass er trotz seines Könnens vom Pech verfolgt wird, weil er nicht besetzt wird. Oder er fragt sich, warum seine Verkörperungen zwar regelmäßig vor Ausdruckskraft strotzen, durch seinen leicht zu korrigierenden Sprachfehler jedoch immer wieder dilettantisch und nicht authentisch wirken. Also, was ist Glück denn nun, nachdem wir vier verschiedene Perspektiven beleuchtet haben? Die Diskussion oben zeigt die Schwierigkeit, Glück zu definieren. Doch kehren wir zum Kontext des „retrospektiven Glücks“ zurück und wiederholen die frühere kurze Definition des (guten) Glücks: Wenn das Ergebnis eines Zufallsereignisses für die betroffene Person günstig oder vorteilhaft ist. Dies erinnert uns daran, dass „Glück“ im Gegensatz zu anderen mit dem Zufall verbundenen Worten fast immer in Bezug auf eine einzelne Person verwendet wird. Alles, was wir als (gutes) Glück bezeichnen würden, passt zu der obigen Definition. Doch nicht alles, was zur Definition passt, würde man auch als Glück oder glückliche Fügung bezeichnen. Betrachten Sie die folgenden vier Merkmale eines Ereignisses:

1. Es geht um Zufall, in besonderen Sinne um einen unvorhersagbaren Zufall, welcher außerhalb der Kontrolle des Individuums liegt,

2. es ist unwahrscheinlich,

3. es hat erhebliche Auswirkungen auf das Individuum,

4. es ist ein Ereignis, das zu einem bestimmten Zeitpunkt stattfindet (und kein fortlaufender Sachverhalt über einen Zeitraum).

Dies sind die zentralen Bestimmungsfaktoren des Konzepts von Glück, denn

– fast jedes Ereignis, welches alle 4 Eigenschaften erfüllt, würde als Glück betrachtet werden

– die meisten ikonischen oder hypothetischen Beispiele von Glück erfüllen tatsächlich alle vier Merkmale.

Auch wenn es leicht fallen mag, Beispiele für Glück zu finden, auf die eine der letzten drei Eigenschaften nicht zutrifft, weist die so vorgenommene Bestimmung des Begriffs immer noch überwiegende Schnittmengen mit der Definition aus der retrospektiven Betrachtung auf. Wie auch immer Sie den Begriff des Glücks für sich selbst definieren mögen, letztendlich läuft es immer darauf hinaus, dass Sie keinerlei Einfluss darauf haben werden, wann es sich zeigt. Dies hängt zum einen mit der Willkür des Universums, zu einem größeren Teil jedoch mit der Neigung unseres Geistes zusammen, Strukturen und Zusammenhänge zu bilden, und zwar auch dort, wo es eigentlich keine gibt.

Sie können Ihr Schicksal jedoch herausfordern, indem Sie eine grundsätzlich positive Lebenseinstellung und eine klare Vorstellung von Ihren Zielen haben. Welches Gesicht ihr persönliches Glück dann zeigen wird, lässt sich nicht vorhersagen; wohl aber, dass Ihnen genügend chirurgische Mittel zur Verfügung stehen, um es nach Ihren Wünschen zu gestalten.