Am Anfang ist die Liebe rosarot. Der neue Mann ist die Erfüllung aller Träume. Er ist das, was wir immer gesucht (und nie in jemand anderem gefunden) haben. Mit ihm kann es nur wunderschön werden. Doch dann passiert etwas in der Beziehung. Alltag kehrt ein. Das Paar schlittert in eine Krise. Die Liebe wird einfach weniger. Und plötzlich ist da Schmerz, wo früher ein Gefühl tiefer, inniger Liebe und wahrer Verbundenheit war. Warum liegen Liebe und Schmerz so nah beieinander? Wie kann es sein, dass wir mit dem Mann, den wir ehemals innig liebten, jetzt nur noch Leiden empfinden?

 

Zeit verändert die Liebe

Eine gute Beziehung muss nicht zwingend in eine Krise geraten, damit sich die Liebe verändert. Das tut sie alleine schon im Laufe der Zeit. Am Anfang ist es normal, innig verliebt zu sein und nur die Schokoladenseiten des (neuen) Mannes zu sehen. Kein Wunder: er zeigt sich uns nur von dieser Seite, denn auch er ist noch voller Schmetterlinge im Bauch. Dann aber kehrt der Alltag ein. Beide Partner geben sich so, wie sie sind, leben nebeneinander her – ganz natürlich. Jetzt entscheidet sich, ob diese Liebe überhaupt für den Alltag gemacht ist und ob sie die Gewöhnung aneinander übersteht. Wer bereit ist, sich auf einen anderen Menschen voll und ganz einzulassen, der wird den Übergang von Verliebtheit zu Liebe miterleben. Paare, die einfach nicht zueinander passen oder nicht bereit sind, echte Liebe zu empfinden, werden das jetzt feststellen. Manchmal geht es auch nur einem so, während der andere tatsächlich Liebe entwickelt. In jedem Fall tut es weh, denn die Hoffnung, diese schönen Verliebtheitsgefühle für immer zu behalten, ist dahin.

 

Hohe Erwartung und die Enttäuschung

Als junge Mädchen waren wir nach wenigen Wochen schon enttäuscht von unseren Partnern. Damals hatten wir weit höhere und natürlich auch unrealistische Erwartungen an die Liebe – der Liebesschmerz war vorprogrammiert. Welcher Junge hält es schon durch, seine neue Prinzessin über die ersten Wochen hinaus auf Händen zu tragen und immer nur bei ihr zu sein? Als erwachsene Frauen haben wir unsere Erwartungen ans wirkliche Leben angepasst und haben gelernt, glücklich mit dem zu sein, was unser Liebhaber uns geben kann. Doch Liebe geht fast immer mit Erwartungen einher, selbst wenn wir versuchen, uns von ihnen zu lösen. Einige Dinge bleiben uns für immer wichtig, sie sind lebenswichtig für uns. Das kann der Sex in der Partnerschaft sein, es kann aber auch das gemeinsame Wochenende mit dem Partner sein. Jede Frau setzt ihre Prioritäten anders. Sie sind die Essenz ihrer Erwartungen an das Leben – der Teil davon, den sie auch bekommen kann, den sie bekommen muss. Werden diese vom Partner enttäuscht, dem einzigen Menschen, von dem wir diese Lebensessenz überhaupt bekommen wollen, bringt das großen Schmerz mit sich.

 

Die Liebe geht, der Schmerz kommt

Wenn die Liebe nicht mehr da ist, sei es ein- oder beidseitig, tut das weh. Liebe kann nicht von heute auf morgen verschwinden. Zermürbender Alltag, unlösbare Konflikte oder ein beginnender Bruch in der Partnerschaft können aber dafür sorgen, dass die Liebe weniger wird. Wenn sie nicht genährt und erneuert wird, ist sie irgendwann nicht mehr da – doch sie hinterlässt einen leeren Platz, der nicht einfach leer bleiben kann. An diese Stelle tritt zunächst ein leerer Schmerz, der zum Leben gehört, auch wenn wir ihn am liebsten nicht erleben würden. Er zeigt, dass selbst dann, wenn die Liebe schon lange weg ist, eine Lücke bleibt. Liebe kann schon in der Partnerschaft schmerzen, wenn wir einen Bruch im Vertrauen spüren oder bemerken, dass die Partnerschaft nicht mehr erfüllend ist. Dieser Schmerz ist aber nur der Platzhalter für neue Gefühle, die die Liebe irgendwann ersetzen werden. Das kann eine neue Liebe sein, aber auch ein erfüllendes Gefühl, das wir uns selbst schenken – beispielsweise, indem wir uns wieder Dinge erlauben, die in der Partnerschaft nicht möglich waren.

Bildquellen: Raphael Hilliger