Ich liebe dich nicht mehr – seine Worte trafen mich wie der Blitz. Von einem Moment auf den anderen fühlte ich mich wie gelähmt, dem Gefühlschaos in meinem Inneren hilflos ausgeliefert. Die ganze Bedeutung dieser schwerwiegenden Worte drang allmählich in mein Bewusstsein. Ich werde nicht mehr geliebt, das Ende meiner Beziehung ist ausgesprochen.

Das Ende meiner Beziehung

Das tat höllisch weh und an die Zeit, die darauf folgte denke ich gedemütigt und beschämt zurück. Die vielen e-mails und Anrufe, mit denen ich ihn verzweifelt zu bewegen versuchte, mich doch bitte wieder zu lieben und unserer Beziehung noch eine Chance zu geben, führten letztendlich nur dazu, dass er meine Anrufe wegdrückte und meine mail nicht mehr beantwortete. Meine düsteren Rachepläne, die ich in den Wochen schmiedete, blieben glücklicherweise nur Gedankenkonstrukte, derer ich mich heute noch schäme. Monatelang drehte sich meinnegatives Gedankenkarussell, eine Zeit, in der ich mich in jeder Hinsicht vernachlässigte und versuchte mich mit den berühmten Zuckerbomben zu trösten.

Wie kann ich den Schmerz loslassen?

Die Zeit soll ja alle Wunden heilen, aber wie lange sollte das denn noch dauern bis der Schmerz nicht mehr so präsent war. Ich musste den Schmerz loswerden, das war wohl die beste Lösung, um mich aus meiner lähmenden Lebenssituation zu befreien, die mich so unerbittlich gefangen hielt. Ich erinnerte mich daran, über Loslassen gelesen zu haben. Loslassen, die Zauberformel, die mich endlich aus dem Würgegriff mit Namen Liebeskummer befreien sollte. Ich verstand, dass sich loslassen aus den Worten lösen und lassen zusammensetzt, logisch, um etwas lassen zu können, um ich erst lösen, wie den Knoten meiner Schnürsenkel.

Ein weiteres Gedankenbild tauchte vor mir auf: Den Rucksack mit Liebeskummer, mit einem dicken „Ich liebe dich nicht mehr“ auf dem Etikett, mit dem ganzen Gewicht von verlassen werden und nicht geliebt zu werden, von den geplagten Schultern lösen und auf dem Weg liegen lassen, damit ich meinem Lebensweg endlich unbeschwert fortsetzen kann. Ja, diese Vorstellung erschien mir sehr logisch, mühsam begann ich mich aufzuraffen.

Ich kann meine Gefühle beeinflussen, dies im ersten Schritt zu erkennen, war schwierig, denn ich fühlte das eher umgekehrt. Tapfer versuchte ich das Gefühl der Freude zu erzeugen und siehe, nach einigen kläglichen Versuchen gelang es mir, mich auf einem Spaziergang über die wärmende Sonne zu freuen – erste Momente, die nicht von Schmerz überschattet waren. Nun, das waren nur Momente, aber immerhin. Zu diesem Schritt gehörte auch ursächlichen Gefühle, die meinen Liebeskummer mit all seinen Folgen bestimmten, zu identifizieren, um mir das entsprechende Gegengefühl bewusst zu machen.

Loslassen lernen

Ermutigt ging ich zum nächsten Schritt über: „es ist wie es ist“ – die Situation akzeptieren. Das funktionierte am besten, indem ich mir die Vorteile und Nachteile des Loslassens vor Augen führte. Schlagartig wurde mir klar, dass ich ohne Loslassen weiter in der Warteschleife meines jetzigen Zustandes hänge, bis dieser sich irgendwann durch Zeitheilung oder der unwahrscheinlichen Rückkehr meiner „besseren“ Hälfte oder durch Schlimmeres von selber löst. Doch die hat ein für allemal klar gemacht: Ich liebe dich nicht mehr… . Die Vorteile lagen nun klar auf der Hand, ich hatte die Chance auf eine neue, vielleicht noch glücklichere Beziehung und vor allem war ich frei.

Auch wenn es sich zunächst anfühlte als ob ich mich selbst belügen würde, wiederholte ich mein neues Mantra – „ich bin bereit, loszulassen“ – morgens beim Zähne putzen, abends vor dem Einschlafen und immer dann, wenn mein negatives Gedankenkarussell von Neuem versuchte Fahrt aufzunehmen. 

Ich liebe Dich nicht mehr – Verlustangst

Die Erkenntnis, dass ich aus einer tief sitzenden Verlust- und Versagensangst in diese unheilvolle Lebenslage geraten war, hinterließ einen bitteren Nachgeschmack. Die Auseinandersetzung mit früheren Ereignissen, erleichterte meine Seele jedoch ungemein. Viel besser dagegen gefiel mir die Tatsache, dass jeder Mensch den Wunsch geliebt zu werden und sich selbst zu lieben einen am wenigsten abhängig macht.

Ich gebe zu, dieses Loslassen zu lernen und umzusetzen, hat einige Zeit und Mühen gekostet, die aber nichts sind, im Vergleich zu dem, was mich mein Liebekummer mit all seiner Verzweiflung, Trauer, Angst und Wut gekostet hat. Denn es hat auch etwas Befreiendes, dieses „Ich liebe dich nicht“…

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