Ich habe mir vorgenommen über mein Frausein nachzudenken, darüber was es mir bedeutet Frau zu sein. Es ist Wochenende und wir sind mit unseren beiden ältesten Enkelkindern unterwegs. Und da passiert es, dass ausgerechnet unsere Enkelin Victoria, dieses zarte dreijährige Wesen, mir die Inspiration dazu liefert. So zart an Jahren und jung an Lebenserfahrung sie ist, führt sie uns gelebte Weiblichkeit vor Augen oder besser gesagt das, was ich darunter verstehe. Sie hat ein solch natürliches Vertrauen ins Leben und in die Menschen, dass sie bei all ihrer Zartheit auf berührende Weise Mut und Kraft ausstrahlt. Gleichzeitig ist sie voller Zärtlichkeit und Feingefühl. Die Art wie sie ihren, zwei Jahre älteren Bruder zu trösten versteht, ihm Mut macht oder Unterstützung anbietet ist aufs Schönste fürsorglich, ja mütterlich und zeugt von tief empathischen Fähigkeiten.
Dieses geliebte kleine Mädchen ist für mich der lebendige Beweis, dass Weiblichkeit (genauso wie Männlichkeit, das möchte ich demnächst gesondert betrachten) in uns angelegt ist. Es bestätigt meine Sicht, dass Frauen und Männer selbstverständlich gleichwertig sind, uns dies jedoch nicht zu Gleichmacherei verleiten soll. Wir leben in einer polaren Welt, für mich stellen Frauen und Männer ebenfalls zwei Pole dar – oder vielleicht deutlicher gesagt – zwei Seiten einer Medaille.
aufs Schönste fürsorglich
Es liegt an uns, an uns Frauen ob wir zulassen, dass letzteres uns bremst und hemmt, ob wir zu verbissenen Kämpferinnen gegen alles Männliche werden oder ob wir unsere Weiblichkeit in ihrer Ursprünglichkeit annehmen und leben. Der liebevoll ausgleichenden Frauenkraft meiner Mutter, deren Kindheit vom zweiten Weltkrieg geprägt war, verdanke ich, dass ich trotz patriarchaler Prägung meine Weiblichkeit unbeschadet entwickeln konnte und leben kann.
Frauen und Männer – zwei Seiten einer Medaille