Welche Erinnerungen hast du an deine Schulzeit? Warst du ein fröhliches, beliebtes Kind mit guten Noten? Oder eher der seltsame Aussenseiter – der Nerd, wie man heute sagt?

Ich war definitiv Letzteres. Nein, das wird keine traurige Opfer-Geschichte, sondern eine Geschichte vom Anderssein – oder eben doch nicht 😉 Im Turnunterricht wurde ich damals immer als Letzte in die Gruppe gewählt, sogar nach dem kleinen Dicken mit der Brille. Da stand ich dann, mitten in der Turnhalle, und sah mich den mürrischen Gesichtern gegenüber, die mich nun in ihrer Gruppe haben mussten.

Zugegeben, ich war nie die Sportlichste und auch immer ein bisschen sonderbar. Ich habe auf dem Nachhauseweg die Schnecken von der Strasse in den Rasen befördert, damit sie nicht zertreten werden. Und ich hatte lauter Fantasiegeschichten im Kopf, die ich erzählt habe, als wären sie wahr. Grundsätzlich habe ich wohl zu viel von dem erzählt, was ich so sehe und höre und was Anderen einfach entgangen ist. Also habe ich meine Welt irgendwann für mich behalten, wie ein kleines Geheimnis.

Das hat sie natürlich nicht zum Verschwinden gebracht. Aber nach aussen passte ich mich meinen Schulkameraden mehr und mehr an. Ich teilte ihre Themen, ihre Hobbies und ihren Kleidungsstil. Das ging eine Weile ganz gut, aber die Kluft zwischen meiner inneren Welt und meiner äusseren Welt wurde immer grösser. Beide gehörten zu mir, in beiden fühlte ich mich zuhause, aber eine davon zu verleugnen fühlte sich falsch und schmerzhaft an.

Das Salz in meinem Universum

Als Teenager fand ich kaum Gleichgesinnte meines Alters, die sich mit spirituellen Themen beschäftigten, Kräuterkunde spannend fanden und Energiearbeit ausprobierten. Trotzdem spürte ich in mir diese starke Sehnsucht, mich mit all diesen Dingen zu beschäftigen, auch wenn ich keine Ahnung hatte, wohin sie mich führten. Es war das Salz in meinem Universum, hat mir neue Welten eröffnet und mich ungeahnte Talente erkennen lassen.

Dass mich das anders oder sogar komisch machte, war mir klar. Doch was bedeutet es überhaupt, anders zu sein? Ich kann nur anders sein, wenn ich mich mit einer sozialen Gruppe vergleiche. Meistens sogar nur mit dem Bild einer sozialen Gruppe. Je nachdem, welche Gruppe ich für den Vergleich heranziehe, empfinde ich mich selbst als anders oder als ziemlich normal. Vergleiche ich mich mit Frauen in bunten Wallegewändern, die sich einem Göttinnenkult anschliessen und nachts ums Feuer tanzen, erscheine ich gar nicht mehr so anders.

Was, wenn nicht anders, sondern einzigartig?

Der ausschlaggebende Punkt ist folgender: Wenn ich mich mit etwas oder jemandem im Aussen vergleiche, bin ich immer mehr oder weniger anders. Und Andersartigkeit bringt immer Bewertung mit sich. Was, wenn ich mir selber ebenso wertefrei begegne, wie ich es gegenüber den Frauen mit den Wallegewändern tue? Was, wenn wir alle in unserem Kern nicht „anders“ sind, sondern einzigartig? Und genau diese Einzigartigkeit gilt es in meinen Augen zu entdecken.

Heute interessiert es mich nicht mehr, ob andere mich für anders oder seltsam halten, denn ich bin einfach ich. Und ich bin im Wandel. Meinen Blick richte ich dabei viel lieber nach innen und mache mich auf die Entdeckungsreise von mir und meinen Fähigkeiten. Ebenso ist es mit den Menschen, denen ich begegne. Ich empfinde eine grosse Neugier gegenüber den Fähigkeiten von jedem einzelnen. Welche Talente schlummern in meinem Gegenüber? Was ist wohl seine Berufung? Welcher Beitrag kann er für diese Welt sein?

Denn darum geht es in meinen Augen: um ein wertefreies Miteinander. Um einen urteilsfreien Raum, in dem wir uns entfalten können. Einen Raum, unsere einzigartigen Talente zu entdecken und auf die Erde zu bringen. Denn bewertet und verurteilt haben wir lange genug. Ebenso verglichen und gezweifelt. Es ist Zeit für einen anderen Weg. Einen liebevollen, neugierigen und einzigartigen Weg – deinen Weg.

In Liebe und Einzigartigkeit

Nadine