Ein Symbol für Leben, Energie und Entspannung – das Atmen. Selten machen wir uns Gedanken um das Atmen, da es ja „ganz von selbst“ geht. Barbara Lutz führt uns in ihrem Buch „Atmen in Balance“ in die Welt des Atmens ein.

In sämtlichen Kulturkreisen der Welt besitzt der Atem als Lebenskraft eine große Bedeutung. Einige Religionen und viele Gesundheitslehren stellen ihn ins Zentrum ihrer Anschauungen und ihrer Praxis. Eines haben alle Atemlehren und -techniken gemeinsam: Sie arbeiten mit dem Wechselspiel von Körper und Atem. Jede von ihnen sucht es zu verbessern, um den Menschen gesund zu halten oder gesund werden zu lassen.

Balance ist wichtig

Im alltäglichen Sprachgebrauch bedeutet Balance, Schwerkraft und Fliehkraft so auszugleichen, dass man – ob im Stillstand oder in Bewegung – das Gleichgewicht hält und in der gewünschten Position bleiben kann. Und jeder weiß aus eigener Erfahrung, dass die Stabilität, die man dabei erreicht, nie ein für alle Mal besteht. Sie ist dynamisch, das heißt veränderbar. Stabilität ist im Körper ein stetiger dynamischer Prozess des Ausgleichens von feinsten Veränderungen. Sie muss mit jeder neuen Position neu austariert werden.

An der Herstellung und Erhaltung der dynamischen Stabilität ist hauptsächlich der Bewegungsapparat beteiligt. Einen wichtigen Anteil daran hat das Zwerchfell – ein Muskel im Zentrum des Körpers –, denn bei ihm kommt noch die allerkleinste Bewegung an, die in der Peripherie stattfindet. Das Zwerchfell fängt die Bewegungen auf, wird von allen ankommenden Druck- und Zugbelastungen stimuliert und gibt seinerseits Impulse an die Peripherie zurück. So sorgt es ganz wesentlich für die dynamische Stabilität des Körpers.

Eine Atemübung zum Ausprobieren

Neben den Grundlagen des Atmens enthält „Atmen in Balance“ 33 bebilderte Atemübungen für unterschiedliche Körperregionen. Auf der beigelegten CD finden sich eine Basisanleitung und sieben Meditationen zu den Übungen. Als ein Beispiel für diese Übungen können Sie im Folgenden die Übung 28 „Kraft“ durchführen.

Die Ausgangsposition ist der aufrechte Stand mit abgehobenen Fersen. Sie atmen durch die Nase ein. Ausatmend tönen Sie laut und kräftig „Ha-Ha-Ha“, dabei lassen Sie bei jedem einzelnen »Ha« Ihre Fersen in strengem Rhythmus auf den Boden fallen, um gleich darauf wieder nach oben auf die Zehenspitzen zu schnellen. Dies machen Sie so oft hintereinander, bis der Atem aufgebraucht ist. Während der erneuten Einatmung durch die Nase, wippen Sie leicht weiter und beginnen mit der Ausatmung wieder zu tönen und zu federn.

Atmen verstehen

In erster Linie ist es wichtig, die Mechanik der Atembewegung zu verstehen, denn sie lässt sich gezielt beeinflussen. Atem ist zunächst einfach die Menge der Luft, die während eines Atemzuges ein- und wieder ausströmt. Damit das Atmungsorgan, die Lunge, belüftet wird, braucht es jedoch eine Mechanik, die Luft ansaugen (Einatmung) und Luft wieder abgeben (Ausatmung) kann. Die Lunge selbst besitzt keine beweglichen Anteile für solch einen Vorgang, sie kann sich nicht von selbst mit Sauerstoff (O2) füllen und Kohlendioxid (CO2) abgeben. Diese Aufgabe übernehmen daher die der Lunge benachbarten Muskeln. Indem sie den Brustraum erweitern und damit die Lunge auseinanderziehen, erzeugen sie in ihr einen Unterdruck. Der Unterdruck lässt Luft in die Lunge einströmen. Das ist das Prinzip der Atempumpe.

Kreislauf des Atmens

Atmen umfasst jedoch noch mehr als nur das Funktionieren einer körperlichen Mechanik. Einatmen bedeutet außerdem, sich seinen inneren Raum zu schaffen und Fülle zuzulassen. Indem Luft geholt wird, kann auch Neues, Inspirierendes aufgenommen werden. In Situationen, die unsere ganze Aufmerksamkeit und Präsenz erfordern, erleben wir diese stärkende Kraft des Einatmens.

Ausatmen bedeutet ein Lösen. Es entlässt innere Schutzhaltungen, und dies ist wiederum eine Voraussetzung für ein freies Einatmen. Wie befreiend es sein kann auszuatmen und wie mit einem Ausatmen eine innere Spannung nachlassen kann, das hat wohl jeder schon erlebt. Die Atemruhe schließlich ist nur scheinbar ein Zustand der Inaktivität. Sie regt vielmehr zur Reflexion und zum Innehalten an. Wir können dabei eine schöpferische Ruhe in uns selbst wahrnehmen.

 

Buch_Atmen_in_Balance

Die Autorin

Die Atemspezialistin und Physiotherapeutin Barbara Lutz hat ihr Programm in langjähriger Praxis entwickelt. Sie setzt es erfolgreich sowohl in der Prävention als auch zur Heilung körperlicher und psychischer Beschwerden ein. Die Theologin Dr. Christiane Schlüter arbeitet seit vielen Jahren als Journalistin und Autorin. Sie unterstütze Barbara Lutz beim verfassen des Grundlagenbuches „Atmen in Balance“, das 2014 beim Knaur Verlag erschienen ist.

Bilder mit freundlicher Genehmigung von © Sabrina Lohse und © Knauer Verlag