Bereits im Kindesalter bekommen wir beigebracht: „Sei doch nicht so undankbar!“ – häufig im Zusammenhang mit etwas, das uns gekauft oder geschenkt wurde und für das wir vielleicht in diesem Augenblick keine besonders große Freude empfunden haben. So bekommen wir eingeprägt, dass wir für alles, das jemand anderes für uns tut, schön Danke zu sagen haben, aber ist es das, wir wirklich unter Dankbarkeit verstehen? Und wie finden wir zur wirklichen Dankbarkeit, ganz tief in unserem Herzen?

In diesen Momenten aus unserer Kindheit sind wir nicht per se dankbar. Wir tun etwas, das von uns erwartet wird. Wir üben einen einstudierten Prozess aus, bei dem wir womöglich nicht einmal etwas fühlen. Wirklich Dankbar zu sein, das dürfen wir lernen. Dieser Lernprozess kann durchaus herausfordernd sein: Es ist keine leichte Angelegenheit, echte Dankbarkeit als Teil unseres Fühlens und Handelns in unser Leben zu integrieren.

Das erfordert zum einen Geduld und Nachsicht mit einem selbst, zum anderen den ausreichenden Willen und regelmäßige Ausübung der Dankbarkeit.

Den eigenen Weg finden

Nun ist es doch so, dass Dankbarkeit nicht für jeden gleich funktioniert und jeder Mensch sie auch ein wenig anders definiert. Zu diesem Zweck gibt es viele unterschiedliche Wege und Übungen, Dankbarkeit zu erlernen und in das eigene Leben zu integrieren. Du kannst dabei für dich selbst feststellen, was am Besten funktioniert und was sich am einfachsten in deinen Alltag einbauen lässt. Jede Übung hat einen anderen Ansatz oder nimmt mehr oder weniger Zeit in Anspruch. Was immer sich schließlich gut für dich anfühlt, ist richtig. Du darfst ausprobieren, so viel du möchtest, und deinen eigenen Weg finden!

Damit du ein paar Ideen sammeln kannst, will ich dir ein paar Übungen vorschlagen, die dir einen ersten Einblick in deine ganz eigene Dankbarkeitswelt geben können.

Gehe an diese Übung ohne riesige Erwartungen heran und lasse sie auf dich wirken, ohne Vorurteile zu hegen.Wähle für dich die Übungen, mit denen du dich wohl fühlst und bei welchen du dich nicht zu etwas zwingen musst.

Erlaube der Praxis, dich zu bereichern, und nicht, dich zusätzlich unter Druck zu setzen.

Sieben Schritte zur Dankbarkeit

Folgende in diesem Text vorgestellte kleine Übungen lassen dich Schritt für Schritt mehr Dankbarkeit in dein Herz einpflanzen:

Übung 1: Sinn finden

Übung 2: Die Dankbarkeitscollage

Übung 3: Das Dankbarkeitsbarometer 

Übung 4: Die richtigen Worte

Übung 5: Dankbarkeitsmomente

Übung 6: Die mentale Subtraktion

Übung 7: Erinnere dich

Übung 1
Den tieferen Sinn der Dankbarkeit finden

Beginne damit, Dankbarkeit und alles, das damit zusammenhängt, für dich zu definieren. Ohne zu wissen, was dieser Begriff eigentlich für dich bedeutet, abseits der allgemeinen Definition, wird es dir schwer fallen, eine gewisse Routine zu integrieren. Du brauchst ein Warum und einen tieferen Sinn in diesem Wort, damit du weißt, was du davon hast. So sind wir Menschen gestrickt und das ist nicht verwerflich.

Versuche einmal offen für alles zu sein, das dir Dankbarkeit entgegen bringen kann; der kleinste Sonnenschein an einem nicht ganz so guten Tag oder die kurze Nachricht von einer alten Freundin – es sind die unterschiedlichsten Dinge, die uns Dankbarkeit zeigen können.

Lerne, nicht nur Dankbarkeit zu erfahren, sondern sie auch auszuüben und aktiv in dein Leben zu lassen. Mache ihr Platz und lade sie ein.

Übung 2
Die Dankbarkeitscollage erstellen

Eine sehr simple Übung ist hierbei eine Art Collage oder ein Bild, das du aus vielerlei Sachen selbst herstellen kannst. Eine solche Collage kann beispielsweise Zitate enthalten, Bilder von Menschen oder Dingen, für die du dankbar bist, oder auch Erinnerungsstücke an vergangene Erlebnisse, die Dankbarkeit in dir aufkommen lassen. Diese hängst du dort auf, wo du sie mit Sicherheit jeden Tag betrachten kannst. Du kannst dir dann ein wenig Zeit nehmen, um die Dankbarkeit für diese Dinge zu spüren.

Dabei geht es nicht darum, jedes kleine Detail deines Lebens zu erfassen, sondern zu visualisieren, wie viele Augenblicke deines Lebens bisher eigentlich schon mit Dankbarkeit gefüllt waren. Häufig vergessen wir ja, dass es da eigentlich so Vieles gibt, für das wir dankbar sein können. Erlaube dir mit dieser Übung täglich einen kurzen Moment der Dankbarkeit und vergiss nicht, diese Collage von Zeit zu Zeit zu aktualisieren.

Bleibe dran!

Bei diesen Übungen und Ritualen ist es wichtig, dass du sie immer wieder ausübst. Von einem Mal wirst du nicht sofort eine Änderung wahrnehmen – womöglich spürst oder bemerkst du sie auch erst nach ein paar Wochen des Tuns. Damit sich ein positiver Lern- und Übungseffekt einstellen kann, ist, wie bei vielen anderen Dingen, die Kontinuität von großer Bedeutung. Nimm’ dir also Zeit für diese Praktiken und übe sie regelmäßig, damit du auch davon profitieren und dein Leben dankbarer gestalten kannst!

Übung 3
Ein Dankbarkeitsbarometer bauen

Etwas, das du jeden Tag Zuhause und ohne großen Aufwand tun kannst, ist die Erstellung eines Dankbarkeitsbarometers.

Hierfür kannst du ein einfaches Glas oder auch ein Einmachglas und ein paar Kugeln, Murmeln, Knöpfe oder ähnliches verwenden. Positioniere Beides am Besten an einem Ort, an dem Du öfter vorbei kommst. Du kannst nun jedes Mal, wenn du daran vorbei gehst, eine Kugel (oder was immer du dir ausgesucht hast) in das Glas werfen und dir jedes Danke, das du gegeben oder erhalten hast, oder das dir den Tag über in den Sinn kommt, hinein werfen. Auch kannst du für alles, für das du an diesem Tag oder zu diesem Zeitpunkt dankbar bist, eine Kugel da lassen. Du wirst feststellen, dass das Glas sich recht schnell füllen wird.

Das ist eine sehr gute Übung zum Visualisieren deiner Dankbarkeit. Sie erhält somit Form und das kann es dir einfacher machen, mit den Worten Danke oder Dankbarkeit etwas anzufangen.

Übung 4
Die richtigen Worte für’s “Danke“ finden

Etwas, das dir eine grundlegende Hilfe für weitere Übungen, Praktiken und Rituale sein kann, ist eine Formulierungsliste für Dankbarkeitsworte.

Das kann vor allen Dingen dann hilfreich sein, wenn dir selbst mal die Worte fehlen. Es kann sein, dass du gerne aussprechen oder niederschreiben möchtest, wofür du dankbar bist – und dann weißt du einfach nicht, wie du das formulieren oder vielleicht sogar anderen Menschen gegenüber rüberbringen könntest. Vielleicht hast du dich bisher auch noch nicht damit auseinandergesetzt, auf welche verschiedenen Arten und durch wie viele unterschiedliche Worte man Dankbarkeit ausdrücken kann.

Es kann dir helfen eine kleine Liste zu erstellen, auf die du beim Formulieren immer wieder zurückgreifen kannst, wie eine Art Wörterbuch für Dankbarkeit.

Notiere dir solche Worte am Besten dort, wo du schnellen Zugriff darauf hast, etwa in einem kleinen Notizbuch, das du bei dir trägst, oder deinen Handy-Notizen. Ideen für solche Begriffe und Phrasen findest du auch sehr schnell im Internet, du kannst sie aber auch aus deinem Alltag heraus filtern oder Bekannte, Freunde und Familie nach ihren Ansichten fragen.

Übung 5
Aktiv nach Dankbarkeitsmomenten suchen

Es kann allerdings auch mal vorkommen, dass du einen schlechten Tag hast, an dem du scheinbar Nichts hast, für das du dankbar sein könntest. Es sind solche Tage, an welchen du einfach schwarz siehst und die kleinen Dinge nicht wahrnehmen kannst, weil sie unter all dem Druck und der Dunkelheit förmlich versinken.

Genau dann kann dir ein kurzes Check-Up helfen: Halte in einem solchen Augenblick einmal inne und atme tief durch. Überlege dann, wofür du in genau solch einem Moment Dankbar sein kannst – und wenn es schließlich nur der Fakt ist, dass du die Bahn, obwohl sie vollkommen überfüllt ist, bekommen hast und bald zu Hause bist. Oder dass du warm genug angezogen bist. Dass du, schlicht gesagt, in diesem Augenblick gesund bist, atmest und lebst.

Natürlich ist das kein Allheilmittel, aber gerade an Tagen, die scheinbar von Unglück überhäuft werden, kann es von Vorteil sein, innezuhalten und eine solche Bestandsaufnahme durchzuführen. Oft merken wir gar nicht, für wie viel wir eigentlich dankbar sein können.

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Übung 6
Die mentale Subtraktion der Objekte unserer Dankbarkeit

Eine besonders effektive Übung im Bereich der Dankbarkeit ist die sogenannte „mentale Subtraktion“.

Hierbei suchst du dir ein paar Dinge heraus, für die du wirklich dankbar bist, beispielsweise den morgendlichen Kaffee, die liebevolle Freundin oder die Tatsache, dass du einfach ein Dach über dem Kopf hast. Gehe dabei ruhig so weit, dass du dir ein paar Minuten Zeit dafür nimmst, Dankbarkeit für die Dinge, die du eben aufgezählt hast, zu empfinden.

Weiter geht es dann damit, dass du dir vorstellst was wäre, wenn du all diese Dinge nicht in deinem Leben hättest.

Was wäre zum Beispiel, wenn du genau diese wunderbare Freundin damals nicht angesprochen und in dein Leben integriert hättest? Was wäre, wenn du nicht genau diesen Job angenommen hättest, den du so sehr magst? Oder wenn du nicht in diese Wohnung gezogen wärst, in der Du lebst?

Womöglich überkommt dich nun ein seltsam niederdrückendes Gefühl. Genau hier darfst du ansetzen und deine Dankbarkeit finden.

Zu der mentalen Subtraktion gibt es bereits Studien, die den positiven Effekt belegen können. Einen großen Unterschied über einen solchen Effekt macht hierbei, wie man die Subtraktion durchführt:

„Ich bin froh, dass ich … in meinem Leben habe.“ oder „Was wäre ich ohne…?“ Und gerade die zweite Frage ist die, deren Beantwortung schlaglichtartig den Wert dessen klar macht, das ich mir kurz wegdenke.

Es geht also darum, bei dieser Übung zwar nicht in einen Mangel zu kommen, aber zumindest gefühlsmäßig und für kurze Zeit einen solchen Mangel zu simulieren. Die Wirkung ist in der Tat verblüffend klar.

Die mentale Subtraktion

Das Prinzip der mentalen Subtraktion ist genau so simpel wie erstaunlich. Der Unterschied zwischen der Auflistung von Dingen, für die ich dankbar bin einerseits, und zwischen der Überlegung, wie ich mich ohne diese Dinge fühlen würde, ist immens. Inzwischen gibt es verschiedene Studien und Untersuchungen, wie das genau funktioniert.

Übung 7
Erinnere dich an vergangene Herausforderungen

Eine weitere Übung, die direkt mit der Ausübung zusammenhängt, ist es, dich in einer Lebenskrise an bereits überwundene Probleme zu erinnern. Gerade wenn du feststeckst, kann es helfen zu wissen, was du bereits überwunden hast und wie du es zu dieser Zeit angegangen bist.

Du kannst dann herausfiltern, wie du zu jener Zeit mit besagten Herausforderungen umgegangen bist und was du womöglich daraus für die aktuelle Lage mitnehmen kannst. Es kann sein, dass du schon einmal mit etwas Ähnlichem zu kämpfen hattest, oder dass du aus bereits überwundenen Problemen, die nicht direkt mit deiner jetzigen Situation zusammenhängen, eine Lösung zusammensetzen kannst. Konzentriere dich dabei auf Situationen, in denen du eine Lösung gefunden hattest. Versuche dich an das positive Gefühl zu erinnern, dass du dabei hattest und versuche das Gefühl in ein dankbares Lächeln zu transformieren.

Wichtig ist bei dieser Übung nur, dass du dich nicht von den vergangenen Problemen gefangen nehmen lässt. Beobachte sie, lerne daraus und lasse sie dann wieder ziehen. So kann diese Übung zu einem kleinen Ritual werden, das du immer wiederholen kannst, wenn sich eine Krise anbahnt.

Geh deinen eigenen Weg

Du kannst all diese Übungen natürlich noch effektiver gestalten, wenn du sie an deine Gepflogenheiten anpasst. Besonders hilfreich ist es, nur zu tun, was sich für dich richtig und zwanglos anfühlt. Du kannst zum Beispiel die Übungen in der Ausführung ändern oder sie anderweitig individualisieren. Sollte dich keine dieser Übungen ansprechen kannst du auch einen Schritt weiter gehen und dir aus dem hier gegebenen selbst etwas ausdenken, das dich in deiner Dankbarkeitspraxis unterstützen kann.

Sei offen auf deinem Weg zur Dankbarkeit

Wichtig für den nachhaltigen Erfolg dieser Übungen ist deine innere Bereitschaft, dich für die Schritte auf dem Weg zu mehr Dankbarkeit wirklich zu öffnen. Meine es also ernst mit diesem Weg. Das heißt jetzt nicht, dass du ein anspruchsvolles Fernstudium aus diesen Übungen machen sollst. Aber solche Themen, die ganz tief in uns Veränderungen bewirken sollen, sind nicht als Zeitvertreib oder mal so ganz nebenbei „abzuarbeiten“. Und ich weiß, wovon ich rede. Ich habe mich sehr lange schon mit solchen Übungen befasst. Aber erst, als mein Herz bereit war, diesen Schritt auch als wichtigen Schritt für mich ganz persönlich zu tun, hat es „funktioniert“.

Also öffne dein Herz für Dinge wie Dankbarkeit, Achtsamkeit und allgemein Positivität. Das klingt zunächst sehr weitläufig und schleierhaft, ist aber essenziell, wenn du die Dankbarkeitspraxis nachhaltig und ehrlich gestalten möchtest. Nur vom reinen Tun und Ausführen wird sich die Dankbarkeit nicht in deinem Leben niederlassen. Du darfst durchaus lernen, sie an- und auch deutlich wahrzunehmen. Lerne, wie sie sich in deinem Herzen anfühlt und was sie in dir auslöst.

Lerne respektvoll mit deinem Leben und allem, was darin ist, umzugehen. Siehe es nicht als selbstverständlich, denn das ist es nicht. Du bekommst jeden Tag neue Chancen und neue Augenblicke und Dinge, für die es sich lohnt, dankbar zu sein!

Dabei geht es nicht darum, dass du dich dazu zwingst, zu allem Danke zu sagen, sondern zu lernen, wie sich die Dankbarkeit in all ihren Facetten in deinem Leben zeigen kann!

Stefan Goedecke

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