Es ist so leicht gesagt und doch so schwer getan: Anderen zu vergeben, was sie uns angetan haben, oder eigene Fehler und Schuld selbst einzugestehen, damit uns verziehen werden kann. Was aber bedeutet es, wirklich zu verzeihen, und warum ist es so wichtig, auch sich selbst zu vergeben? In der neuesten Ausgabe unseres Magazins AUSZEIT gehen wir diesen Fragen nach.

Unter anderem bewegt uns die Frage, wie wichtig und wie endgültig das Loslassen ist, das durch das Vergeben und Verzeihen möglich wird. Ein Loslassen, das uns von einer Last befreit, die wir meist für lange Zeit mit uns herumgeschleppt haben. Je nachdem, wie groß diese Last war, umso befreiender wirkt das Loslassen. Aber umso berechtigter stellt sich zugleich die Frage: Sind wir die Last jetzt wirklich los? Lauert da nicht noch irgendwas in uns? Wenn wir unbeabsichtigt, durch eine Geste, eine Bemerkung, ein Foto, an das erinnert werden, was eigentlich vergeben wurde – gibt es dann nicht oft genug einen kleinen Stich, tief in uns? Oder wenn uns jemand ganz direkt fragt: „Sag mal, hast du ihm echt vergeben?“ – ist da nicht ein leichtes Zögern, bevor wir sagen: „Klar doch, alles vergeben und vergessen“?

Pulsierende Narben

Vielleicht war das Vergeben und Verzeihen doch nicht so ehrlich gemeint, wie wir es dem Anderen zugesichert haben, auch wenn wir uns selbst in dem Moment sehr sicher waren. Vielleicht aber braucht alles nur seine Zeit, und manchmal eben sehr viel davon. „Die Zeit heilt alle Wunden.“ sagt man. Und vergisst hinzuzufügen, dass so manches mal Narben bleiben. Narben, die sich ab und an bemerkbar machen, unter denen es pulsiert, wenn sich das Wetter ändert. Narben, die uns immer mal wieder in Erinnerung gebracht werden, wenn der Blick unseres Gegenüber an ihnen hängenbleibt oder wir uns dabei erwischen, sie vor den Blicken anderer verbergen zu wollen. Durch einen langen Ärmel, oder mit ein wenig Kosmetik. Das sind die Momente, wo uns klar sein muss: Ein spurenloses Vergeben und Vergessen kann es gar nicht geben! Eine Last loszuwerden heißt ja nicht, sich gar nicht mehr an sie erinnern zu können. Allerdings ist das nicht nur ganz normal. Ich glaube sogar, dass dieses Nachwirken einen ganz wichtigen Zweck hat. Das kann der Schutz vor ähnlichen Verletzungen sein, vielleicht auch ganz unbewusst, beinahe instinktiv. Das muss ja nicht heißen, sich nun völlig einzumauern, um solchen Verletzungen aus dem Weg zu gehen. Das wäre der falsche Weg. Aber ein paar erlernte Schwimmbewegungen zu machen, wenn man noch einmal ins tiefe Wasser fällt, kann ja nicht schaden. Oder ein bisschen genauer hinzuschauen, wen oder was man in sein Leben holt. Alles eine Frage der Balance, wie meistens.

Was übrig bleibt …

Und außerdem, Verletzungen und ihre Überwindung machen unsere Seele weit, wenn wir es denn zulassen. Das selbst nach dem Loslassen übrigbleibende leichte Seufzen ganz tief in uns verschafft uns vielleicht einen ganz neuen, weniger Angst erzeugenden Zugang zur Melancholie. Wir erschließen uns neue Arten von Musik, verstehen mit unserer Erfahrung den einen oder anderen Buchautor plötzlich viel besser und können viel öfter leise und verstehend lächeln, wenn uns andere von ihrem Leid erzählen. In diesem Sinne: Vergeben wir, lassen wir los und lernen wir, das wertzuschätzen, was dennoch davon übrigbleibt.

An dieser Stelle wie gewohnt auch ein kleiner visueller Streifzug durch unser Heft, in dem sich wieder sehr persönliche und inspirierende Geschichten mit äußerst praktischen Ratgebern abwechseln. Auch für die Bastelfreunde ist wieder ein wunderbar gestalteter Workshop dabei. Ein ganz besonderes Highlight ist unser Gespräch mit dem Autor des Bestsellers „Die Hütte“, William P. Young, zum Thema „Vergebung ist eine große Chance“.

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