Ich blase die Kerze aus. Der Rauch steigt in die Luft. Eine wohlige Wärme verbreitet sich in meinem ganzen Körper. Ich räkle mich in alle Richtungen und stehe langsam auf. Das Meditationskissen schüttle ich einmal kräftig durch und nehme ganz bewusst die Dankbarkeit wahr, die in meinem Herzen strahlt. Ja, ich bin bereit für diesen Tag. Ja, ich möchte Ballast abwerfen.

Heute weiß ich, wie viel Kraft in den ersten Minuten des Tages steckt. Ich weiß, wie wertvoll es ist, mir Zeit und Raum zu nehmen. Nur für mich. Mit einer Tasse frisch gebrühtem Tee auf dem Sofa. Bei einem Spaziergang durch die Natur. Während der Meditation. Täglich gönne ich mir 15 Minuten Stille, lasse meine Gedanken zur Ruhe kommen und höre meiner Seele zu. Denn sie weiß, was gut für mich ist.

Ihre Stimme konnte ich nicht immer wahrnehmen. Dafür war es in meinem Alltag zu laut. Montags Freunde treffen, dienstags Fitnessstudio, mittwochs Literaturkreis, donnerstags joggen und am Wochenende ein Kurztrip mit dem Billigflieger. Zwischendurch noch kochen, den Haushalt schmeißen und ehrenamtlich tätig sein. Zeit zum Innehalten – wozu?

Doch irgendwann fühlte ich mich trotz der Fülle im Außen innerlich leer. Ich stellte mir immer häufiger die Frage nach dem Sinn des Ganzen. Und fand keinen. Also habe ich allen Ballast abgeworfen und mich auf die Reise gemacht, herauszufinden, was ich wirklich will vom Leben. Der Weg war nicht immer ganz leicht, und manches Mal habe ich ihn verflucht. Es schien leichter, einen überfüllten Terminkalender abzuarbeiten, anstatt mich meiner Innenwelt zu widmen. Doch mein Dranbleiben wurde belohnt. Ich habe erkannt, dass es die Kleinigkeiten sind, die das Leben besonders machen. Dass es sich lohnt, einfach mal nichts zu tun. Auf meiner Reise habe ich viele Übungen kennengelernt, die mir Kraft und Leichtigkeit schenken und Ballast abwerfen zu können. Hier stelle ich einige vor, damit auch Sie Freiräume in Ihrem Alltag gewinnen und diesen so bewusst und kraftvoll genießen können.

Entrümpeln erleichtert

Nicht nur unsere Terminkalender sind überfüllt. Häufig auch unsere Lebensräume. „Wie im Innen, so im Außen“ heißt eine der universellen Gesetzmäßigkeiten. Wenn im Außen Chaos herrscht, spiegelt sich das in unserem Inneren wider. Ein überfüllter  Schreibtisch führt zu Durcheinander in den Gedanken. Ein vollgestopftes Wohnzimmer engt ein, auch wenn man es nicht direkt wahrnimmt. Außerdem braucht jeder Gegenstand Aufmerksamkeit, die an anderer Stelle fehlt.

Nutzen Sie einen der kommenden Tage zum Ausmisten. So schaffen Sie Raum für Neues, den Sie so gestalten können, wie es Ihnen guttut. Anstatt die Dinge wegzuschmeißen, können Sie anderen eine Freude damit machen. Für Bücher gibt es öffentliche Bücherregale, Secondhandläden freuen sich über Kleider, Schuhe und Taschen. Küchenutensilien kann vielleicht der Sohn einer Freundin gebrauchen, der gerade auszieht. Das verschafft zusätzliche Glücksmomente.

FreiRAUM stärkt

Die einfachste Möglichkeit, Platz im Alltag zu schaffen, ist, Termine abzusagen. Wenn da nicht die inneren Zweifel und Ängste wären. Was ist, wenn die Person enttäuscht ist? Was ist, wenn ich etwas verpasse? Jahrelang wurde ich von solchen Gedanken geplagt und bin zu Verabredungen gegangen, auch wenn mir gar nicht danach war. Irgendwann wurde mir bewusst: Um andere nicht zu enttäuschen, belüge ich jedes Mal mich selbst. Ein Schlüsselerlebnis führte schließlich dazu, dass ich meinen eigenen Bedürfnissen heute öfter Raum gebe.

Die Hochzeit von guten Freunden stand an, doch ich hatte nicht die Kraft, dahin zu fahren. Also nahm ich all meinen Mut zusammen und lehnte die Einladung ab. Ihre Reaktion berührt mich bis heute: Sie waren traurig, dass ich an diesem für sie wichtigen Tag nicht würde dabei sein können. Doch sie standen hinter meiner Entscheidung. Und in diesem Moment hat es Klick gemacht: Einerseits wurde mir bewusst, was Freundschaft wirklich bedeutet. Und andererseits habe ich die Kraft gespürt, die entsteht, wenn ich mir selbst treu bin. Letztlich war ich von der Erfahrung so gestärkt, dass ich am Tag der Hochzeit spontan entschied, doch zu fahren. Und konnte so für eine tränenreiche Überraschung sorgen.

Ballast abwerfen

Vielleicht wollen Sie es selbst einmal ausprobieren: Welchen Termin der nächsten Woche möchten Sie eigentlich gar nicht wahrnehmen? Sagen Sie ihn ab! Spüren Sie genau in sich hinein. Wie fühlt es sich an, einen Termin abzusagen? Welche Ängste kommen auf? Ist die Reaktion Ihres Gegenübers so schlimm, wie Sie befürchtet haben? Oder ist es sogar dankbar, dass Sie dem Impuls Ihres Herzens gefolgt sind?

Entspanntes Schönsein

Die Stimme der eigenen Seele kann man schnell überhören oder einfach ignorieren. Signale des Körpers nicht. Während meines Studiums hatte ich eine Sehnenscheidenentzündung im Arm. Diese zog sich dann hoch bis in die Schulter, wo sie sich festsetzte. Doch statt auf die Bremse zu treten, habe ich Tabletten geschluckt und weitergemacht wie vorher. Mein Körper muss funktionieren, war meine Devise.

Mittlerweile habe ich gelernt, meine körperlichen Signale ernst zu nehmen. Schmerzen in der rechten Schulter entstehen nicht einfach so. Sie sind für mich ein klares Signal, innezuhalten, eine Pause im Alltag einzulegen. Eine Erkältung ist keine lästige Bremse mehr. Wenn ich erkältet bin, weiß ich jetzt: Eine Veränderung steht an! Jeder Körper sendet andere Signale, und ein jeder kann nur für sich herausfinden, was der eigene Körper sagen möchte. Schenken Sie Ihrem Körper in den kommenden Wochen vermehrt Aufmerksamkeit. Starten können Sie mit Verspannungen, die immer mal wieder entstehen. Wann ziehen Sie die Schultern hoch? Wobei gerät ihr Gesicht in Falten? Vielleicht können Sie mit der Zeit „hören“, was Ihr Körper Ihnen sagen möchte. Zusätzlich können Sie diese Momente als Schönheitskur nutzen: Lassen Sie bewusst alle Muskeln weich werden, sobald Ihnen Spannungen bewusst werden. Und spüren Sie die Leichtigkeit, die dadurch entsteht und sie den Ballast abwerfen.

Stärkende Ruhe

Die morgendliche Meditation ist ein fester Bestandteil meines Tages geworden. Probieren Sie es auch mal aus, und gönnen Sie sich jeden Morgen 15 Minuten nur für sich. Zünden Sie sich eine Kerze an, schließen Sie Ihre Augen und genießen Sie die Stille. Gerade zu Beginn kann es sein, dass die inneren Gedanken ganz laut werden und es sich anfühlt, als würde man nervös. Konzentrieren Sie sich dann auf Ihre Atmung. Wie sie kühl einströmt und leicht angewärmt wieder ausströmt. Wie sie an den Nasenflügeln kitzelt. Wie sich der Brustkorb hebt und senkt – immer im gleichen Rhythmus – ganz ohne Ihr Zutun. Mit der Zeit werden die Gedanken ruhiger und Sie werden die Kraft dieser Minuten nicht mehr missen wollen. Wenn Sie Bewegung bevorzugen, können Sie auch eine Runde um den Block gehen. Nehmen Sie dort mit allen Sinnen bewusst wahr, was um Sie herum geschieht. Lassen Sie sich Zeit, Ihren Weg für mehr Raum im Alltag zu finden. Und vertrauen Sie auf Ihre Seele. Sie wird Sie auf dem Weg begleiten.

Autorin: Daria Katrin Linzbach

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