Mit jedem Schritt entscheiden wir täglich aufs Neue, welche Richtung wir einschlagen und welchen Weg wir wählen. Dabei spielt die Wahrnehmung beim Gehen eine große Rolle, da wir über das Körperbewusstsein eine Brücke zum seelischen Wohlbefinden bauen können.

Zugegeben, es erfordert Mut und Vertrauen, seinen ganz eigenen, individuellen Weg im Leben zu gehen. Da sind die Erwartungen im Umfeld, die Prägungen aus der Kindheit und tiefsitzende Ängste, die uns allzu oft davon abhalten, dem eigenen Herzen zu folgen und unbekannte oder auch unbequeme Wege zu beschreiten. Oftmals fehlt auch das Ziel, die Vision oder der Glaube an eine bessere Lebenswirklichkeit. Doch wenn wir gewohnte Wege verlassen, wartet ein individueller, einzigartiger Pfad auf uns, den wir Schritt für Schritt erkunden können.

Je spielerischer wir vorgehen und je entdeckerfreudiger wir sind, desto freudvoller können wir diesen Prozess erleben.

Neue Wege einschlagen

Nutzen wir doch bei Spaziergängen in der Natur die Zeit, bewusst wahrzunehmen, wie wir gehen und was wir dabei empfinden. Wählen wir auch hier einmal kleine, gewundene Pfade, statt auf den großen, bereits bekannten Wanderwegen zu bleiben. Es ist erstaunlich, wie so eine kleine Veränderung die eigene Wahrnehmung schärfen kann. Auf einmal gehen wir aufmerksamer, setzen die Füße bewusster und nehmen die Umgebung mit unseren Augen neu in den Blick. Wir lernen wieder zu staunen, zu forschen und zu entdecken, fühlen vielleicht Bewunderung und Liebe für die Schönheiten der Natur in uns wachsen.

Visualisierungsübung

Diese Übung lässt sich am besten im Sitzen oder Stehen durchführen. Schließ deine Augen und spüre in deine Fußsohlen hinein. Stell dir vor, wie goldene Wurzeln aus deinen Fußsohlen wachsen und sich fest im Erdreich verankern. Über diese Wurzeln kannst du neue Kraft aufnehmen und deinen Körper mit frischer Energie versorgen. So visualisiere, wie nun angenehm temperiertes klares Wasser in dich hineinströmt und all deine Zellen mit Vitalität und Lebendigkeit versorgt. Verweile noch einen Augenblick in dieser Vorstellung und beende nach einer Weile diese Übung.

Wegweiser Natur 

Diese Naturverbundenheit bringt Hoffnung, Zuversicht und innere Zufriedenheit. Sie kann einem Halt und Orientierung schenken, wenn das Leben einen gerade durchschüttelt und der Weg beschwerlich und unangenehm erscheint.

Mir selber hilft ein Spaziergang in der Natur immer wieder, mich neu zu spüren, neu auszurichten und noch achtsamer und bewusster zu werden. Der Kopf wird leer, der Geist kommt zur Ruhe. Viele Probleme und Herausforderderungen können mit einer gewissen Distanz betrachtet werden – Lösungswege tun sich auf und das Vertrauen in die eigene Kraft wächst. Indem ich mich ganz auf den Prozess einlasse, kann ich Altes besser loslassen. Hierbei kann bewusstes Atmen helfen, sich von Altlasten zu befreien und Ängste, Zweifel und Sorgen abzugeben. So können wir einen Spaziergang so vielfältig wie möglich nutzen, um auf unserer persönlichen Entwicklungsreise voranzuschreiten. Fühle mit jedem Schritt die Erde unter deinen Füßen und stärke die Verbindung zu ihr. Nimm die unterschiedliche Beschaffenheit der Erde wahr und genieße das Gehen auf unebenem Untergrund, wo deine Füße viel mehr erspüren und ertasten als auf ebener Fläche. Dies gelingt zu jeder Jahreszeit und an jedem beliebigen Ort.

Im Sommer bietet das Barfußgehen natürlich eine besonders intensive, direkte Wahrnehmung des Untergrunds, doch auch mit Schuhen lassen sich wunderbare Erfahrungen sammeln. In diesem Winter hatten viele Menschen das seltene Vergnügen, wieder einmal Schnee unter den Füßen zu haben. Welch eine besondere Erfahrung, in verschneiter Atmosphäre den knirschenden Schnee zu erleben und in die zauberhafte Winterlandschaft einzutauchen! Die verwandelte Natur lässt nicht nur Kinderherzen höherschlagen, sondern birgt eine wundervolle Möglichkeit der bewussten, lebendigen Wahrnehmung der Natur und der eigenen Fortbewegung.

Auch ich hatte die Gelegenheit, wieder einmal traumhafte Wanderungen auf verschneiten Wegen zu unternehmen und bin noch immer erfüllt von der besonderen Qualität dieses Erlebnisses. Mir wurde in diesem Jahr besonders bewusst, wie still es im Schnee sein kann. Einige Male stand ich einfach nur da und habe zur Stille hingelauscht – ein wirklich seltenes Phänomen in dieser so bewegten Zeit voller Informationen und Ereignisse. Diese Stille war für mich heilsam, hoffnungsvoll und so voller Frieden, dass ich sie hier erwähnen möchte. Vielleicht ergibt sich für den/die ein oder anderen Leser/in auch die Gelegenheit dieser wohltuenden Erfahrung. Das Innehalten beim Gehen finde ich überhaupt einen wichtigen Aspekt, der meiner Meinung nach auch im übergeordneten Sinn zu betrachten ist. Denn auch beim Innehalten auf meinem eigenen Weg kann ich meine Position überprüfen, kann meinen Blick noch mehr nach innen richten und die Verwurzelung und Zentrierung verstärken.

Gehmeditation

Eine Gehmeditation besteht aus vier Säulen:

1. Achtsamkeit

2. Gehen

3. Atmen

4. Lächeln

Wirkung:

· Abbau von Stress und Anspannung 

· Stärkung innerer Gelassenheit

· Verbesserung der Koordination

· Förderung innerer Ausgeglichenheit, Balance

· Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit

· Aufnahme von Kraft und Energie

· Verbesserung des Körperbewusstseins

Bewusst verwurzelt im Hier und Jetzt

In stürmischen Zeiten fehlt uns manchmal der richtige Halt, wir fühlen uns, als würden wir den Boden unter den Füßen verlieren. In solchen Situationen ist es hilfreich, sich in seiner Fantasie Wurzeln vorzustellen, die von den Fußsohlen tief ins Erdreich ragen und einem Halt, Sicherheit und Standfestigkeit geben. Auch Gehmeditationen sind eine gute Möglichkeit, Kraft im Augenblick zu schöpfen und das innere Gleichgewicht wiederzufinden. Indem wir das Gehen zelebrieren, gewinnen wir bei jedem Schritt an innerer Stärke. 

So lass in deiner Vorstellung immer mal wieder goldene Wurzeln wachsen, über die du neue Kraft sammeln kannst. Hinterlasse eine goldene Spur auf deinem Weg und lebe dich in deiner wahren Kraft und Herrlichkeit. Jeder bewusste Schritt bringt dich sicher an dein Ziel.

Welche Gangart gehört zu dir?

Es ist erstaunlich, wieviele unterschiedliche Gangarten es gibt. Jeder Mensch entwickelt im Laufe der Zeit seinen ganz eigenen Stil zu gehen und gibt über sein Gangbild viel von sich preis. Neben physischen Dingen wie Gelenkproblemen, Muskelverkürzungen und Bewegungseinschränkungen lassen sich auch energetische, psychische und seelische Zustände am Gangbild ablesen. Dabei spielt die Art des Fußabdrucks, das Abrollen der Fußsohle, das Abstoßen mit dem Vorfuß und die Schrittlänge eine große Rolle. Geschulte Physiotherapeuten oder andere Gesundheitsexperten können erstaunlich viel bei einer Gangbildanalyse ablesen. Neben den Füßen und Beinen werden natürlich auch alle anderen Körperbereiche angeschaut. Wie ist der Armschwung, was macht der Oberkörper, wie ist die Stellung von Hals und Kopf? Es kann sehr aufschlussreich sein, sich mit dem eigenen Gangbild vertraut zu machen und seine antrainierten Muster zu beleuchten. Oftmals passen die ehemals erlernten Gang-Strategien gar nicht mehr zur eigenen Entwicklung und können über bewusste Korrektur verändert und optimiert werden.

Ganganalyse

Beobachte dich einmal selber beim Gehen. Wie setzt du deine Füße auf? Rollst du den Fuß komplett ab, betonst du die Innen- oder die Außenseite? Ist dein Gang federnd, beschwingt, wankend, gleichmäßig, forsch oder zögerlich? Hast du guten Bodenkontakt oder bist du dich eher „tänzelnd“ oder „schwebend“ unterwegs? Bewegen sich deine Arme harmonisch mit? Gibt es Unterschiede zwischen links und rechts? Es ist spannend, das eigene Gangmuster zu erforschen. Wenn du mit deinem Partner/in oder Freund/in unterwegs bist, könnt ihr euch gegenseitig beim Gehen beobachten und eure Eindrücke austauschen. Manchmal werden einem auf diese Weise gewisse Gangarten und Gewohnheiten zum ersten Mal bewusst. Und was uns bewusst ist, können wir ändern, wenn wir eine neue Wahl treffen.

Schritt für Schritt zur Veränderung

Veränderungen brauchen Zeit und Geduld. Es hilft, Verständnis für die eigenen eingefahrenen Gangmuster zu entwickeln und einfach spielerisch Neues auszuprobieren. Manchmal bringt schon die Veränderung der Kopfhaltung ein neues Lebensgefühl. Denn die äußere Haltung spiegelt nicht nur die innere Haltung wider und drückt eine bestimmte Gefühlslage aus, sondern auch umgekehrt kann eine bestimmte Körperhaltung die Stimmung beeinflussen. Statt also mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern der Niedergeschlagenheit Vorschub zu geben, können wir aufrecht und mit erhobenem Haupt ein Wohlgefühl der Stärke in uns erzeugen.

Der Weg ist das Ziel

Auch wenn dieser Ausspruch vielleicht schon etwas abgedroschen klingt, beinhaltet er doch das Wesen der eigenen Entwicklungsreise. Jede Erfahrung, jeder Schritt einer bewussten Veränderung bringt uns weiter auf dem Weg der Selbsterkenntnis. Je achtsamer, liebevoller und verständnisvoller wir dabei mit uns umgehen, desto angenehmer wird das Beschreiten unseres Lebensweges sein.

Mit allen Sinnen – Gehmeditation

Bevor du deinen Spaziergang beginnst, schließ einen Moment die Augen und erlebe dich im Stand. Richte deine Aufmerksamkeit auf deine Fußsohlen und nimm wahr, wie du auf dem Boden stehst. 

Spüre nun in deine Beine und dein Becken hinein. Stehst du auf beiden Beinen gleichmäßig, oder ist das Gewicht mehr auf eine Seite verlagert? Konzentriere dich nun auf deinen Atem. Wo kannst du ihn wahrnehmen?

Öffne jetzt deine Augen und beginne deinen Spaziergang, indem du in deinem eigenen Rhythmus losgehst. Fühle, wie du die Füße abrollst und die Erde berührst. Erlebe die Bewegung deiner Beine und werde dir der Größe deiner Schritte bewusst. 

Beobachte deinen Atem und folge seiner Bewegung im Brustkorb oder im Bauchraum. 

Sei ganz bei dir und genieße die Achtsamkeit für dich selbst. Du bist der wichtigste Mensch in deinem Leben und darfst dir nun die volle Aufmerksamkeit schenken. 

Lächle dir zu und lass es dir hier und jetzt so richtig gutgehen. Du bist wichtig, du bist wertvoll und hast deine Selbstliebe und Selbstfürsorge mehr als verdient. Wie oft hast du dich um andere gekümmert, warst und bist immer für sie da. Nun stehst du an erster Stelle, darfst dich spüren, dich genießen, dich feiern und ehren. 

Nimm deinen Armschwung wahr und beobachte, wie sich dein Oberkörper anfühlt.

Lass deinen Atem weiterhin in deinem eigenen Rhythmus ein- und ausströmen. 

Stell dir vor, wie deine Lungen mit Sauerstoff gefüllt werden und neue Energie in all deine Zellen gelangt. Gib mit jeder Ausatmung alte, verbrauchte Energie ab und lass alles los, was dich belastet.

Fühle nun, wie sich dein Nacken, Hals und Kopf anfühlt. Gibt es Anspannungen oder ist alles locker und frei? 

Richte nun deine Aufmerksamkeit auf die Natur um dich herum und nimm die Schönheit in dich auf.

Genieße noch eine Weile diesen Spaziergang und die wertvolle Zeit mit dir selbst und kehre dann langsam wieder zurück zum Ausgangspunkt.

Halte im Stehen noch einen Moment inne und schließ deine Augen. Spüre noch einmal in dich hinein. 

Vielleicht fühlt sich dein Körper jetzt lockerer, wärmer, lebendiger und energievoller an? Wo nimmst du die Atembewegung jetzt wahr?

Schenke dir dein schönstes Lächeln und öffne langsam deine Augen.

Antje Tittelmeier

Die Autorin, Physiotherapeutin und Gesundheitsexpertin arbeitete viele Jahre in eigener Praxis. Als Filmproduzentin hat sie das Magazin GesundheitsTipp.TV ins Leben gerufen, in dem hilfreiche Tipps für eine gesunde Lebensweise vorgestellt werden. 

www.gesundheitstipp.tv

Bilder mit freundlicher Genehmigung von © Maridav - stock.adobe.com, © soft_light - stock.adobe.com, © Halfpoint - stock.adobe.com und © luckybusiness - stock.adobe.com