Kennen wir sie nicht alle, diese kritische Stimme in unserem Kopf? Jedes Mal, wenn wir mit Schwung ein neues Projekt starten, endlich wieder Sport treiben oder gerade einen tollen Mann kennen gelernt haben, meldet sich der miesepetrige Nörgler: „Das schaffst du ja sowieso nicht“, „Bisher hast du nie lange mit dem Sport durchgehalten“, „Der interessiert sich doch nicht für dich!“.

Uff – Und aus unserem Ferrari-Schwung wird mühsames Fahrrad-Strampeln.

Ich nenne diesen inneren Kritiker Frederik. Weshalb? Damit es mir leichter fällt, ihm zu begegnen, ihn zu ignorieren oder zu überlisten – je nach Strategie 😉 Der Name ist frei gewählt, ohne Assoziationen zu unbeliebten Lehrern oder gemeinen Schulkameraden. Falls ein Frederik dies liest, ist es keinesfalls persönlich gemeint.

Drei Strategien, mit Frederik umzugehen

Wie verhält man sich nun, wenn einem der kleine Nörgler wieder einmal in die Suppe spuckt? Nehmen wir als Beispiel ein neues Projekt, das dir dein Chef vertrauensvoll übertragen hat und auf das du dich freust – eigentlich. Wäre da nicht Frederik. In einem ersten Schritt stelle ich mir jeweils die Frage, was genau denn nun hinter Frederiks Nörgelei steckt: Ist das Zeitmanagement ein Problem, sprich habe ich zu viel oder zu wenig Druck? Taucht die Angst auf, dass ich das Projekt in den Sand setze? Oder will ich es einfach mal wieder zu 100% perfekt machen?

Strategie Nr. 1: Strukturen

Hilfreich sind einerseits klare Strukturen und To-Do-Listen, so spiessig sich das anhört. Aber es gibt dir einen Leitfaden und einen Überblick über das Zeitmanagement. Du kannst dir Teilaufgaben setzen und dich über jedes Etappenziel freuen. Lieben wir es nicht alle, auf der To-Do-Liste einen Punkt durchzustreichen? 😉

Strategie Nr. 2: Kommunikation

Eine zweite Möglichkeit ist die direkte Auseinandersetzung mit Frederik. Sprich mit ihm und finde heraus, welches Gefühl hinter Frederiks Nörgelei steckt. Ist es die Angst, nicht gut genug zu sein? Frühere Erfahrungen, dass deine Arbeit sowieso nicht wertgeschätzt wird? Oder hast du die Freude an dem Projekt verloren? Sei liebevoll und geduldig mit dir. Jedes Mal, wenn Frederik seinen mahnenden Zeigefinger hebt, halte ihm ein Schild hin „Kritikfreie-Zone“. Atme tief durch und lass dich auf das dahintersteckende Gefühl ein. Was brauchst du jetzt, damit du wieder mit Freude weiterarbeiten kannst? Manchmal reicht es bereits, wenn wir dem verdrängten Gefühl unsere Aufmerksamkeit schenken und es liebevoll annehmen. Selbstfürsorge ist ein wunderbares Hilfsmittel, um Frederik den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Strategie Nr. 3: Ignorieren

Eine dritte Massnahme ist, Frederik konsequent zu ignorieren. Ja, manchmal ist das die beste Strategie. Du kennst sie bestimmt, die Diskussionen, bei denen du irgendwann merkst, dass sie zu nichts führen und nur miese Stimmung verbreiten. So ist das oft mit Frederik. Manchmal empfinde ich es als sehr angenehm, mein eigenes kleines Trotzverhalten auszupacken und ganz zu meinem Nutzen einzusetzen. „Ich kann dich nicht hören, Fredy, ich bin nämlich gerade sehr beschäftigt! Dieses Projekt macht mir so viel Spass, ich freue mich über das Vertrauen von meinem Chef und ich will zeigen, was ich kann – jetzt erst recht!“

Die guten Seiten von Frederik

Frederik und ich haben eine Art Hass-Liebe entwickelt. Natürlich mag ich sein miesepetriges Gezeter nicht und freue mich keineswegs, wenn er mir schon wieder weismachen will, dass ich nicht gut genug bin. Auf der anderen Seite weiss ich auch Folgendes: In dem Moment, in dem Frederik auftaucht, bin ich dabei, meine Grenzen zu erweitern. Ich wage gerade den Versuch, über mich selbst hinauszuwachsen, etwas Neues zu tun und mich auf unbekanntes Terrain zu begeben. Das passt dem Kleingeist Frederik nicht, der seine Komfortzone so sehr liebt. Aber für mich ist es ein klares Zeichen: Hey, ich habe hier gerade die Chance zu wachsen!

Und ich weiss zwischenzeitlich auch, dass ich mit Frederik umgehen kann – meistens jedenfalls. Ich habe schon etliche Male erfahren, wie es sich anfühlt, wenn ich ihn überliste oder ignoriere und mein Ziel erreiche: Das fühlt sich so richtig gut an! Und dieses Gefühl ist eine weitere Motivation für mich, das Projekt durchzuziehen und ein Stück mehr von meiner Grösse zu erkennen und zu leben.

Frederik, wir werden zwar nie Freunde, aber ich habe etwas aus unserem Spiel gelernt: Jedes Mal, wenn du mich bremsen willst, nutze ich deine Nörgelei als zusätzlichen Antrieb, um es erst recht zu schaffen. Danke dafür!

In Hass-Liebe, Nadine

Lasst mich gerne wisse, ob euer innerer Kritiker auch einen Namen hat und wie ihr mit ihm umgeht? Ich freue mich über eure Kommentare!