Haben Sie nicht auch dauernd an Ihrem Spiegelbild herumzumäkeln? Hören Sie Ihre eigene Stimme ungern und sind Sie auf Fotos von Familienfeiern am liebsten gar nicht drauf? Dann wird es Zeit für Sie, zu lernen, sich zu mögen...

Soll ich Ihnen ein Geheimnis verraten? Früher habe ich auch keinen Wert darauf gelegt, mich selbst zu sehen oder zu hören. Doch dann geschah etwas, was meine Einstellung dazu grundlegend änderte: Eines Tages rief mich ein Bekannter an, mit dem ich in grauer Vorzeit beruflich zu tun hatte. Ein netter Mensch. Wir sprachen über dieses und jenes und landeten alsbald beim Thema Filmproduktion, etwas, was ich für mich privat schon des Öfteren praktiziert habe. Aus heiterem Himmel kam dann die Frage aus dem Hörer: „Willst Du nicht auch für mich mal Ratgeber-Filme machen?“ Da ich wusste, dass mein Gegenüber seit kurzem einen kleinen TV-Spartensender betrieb, fühlte sich das Angebot an, als würde mich gerade ein Schnellzug überrollen. Ich sollte öffentlich im Fernsehen auftreten. Ich. Und dennoch…

Die Sache übte sofort einen Reiz aus. Ich mag mich eigentlich nicht sehen und ich mag mich eigentlich auch nicht hören. Und jetzt sollte ich mich einem großen Publikum präsentieren, vor die Kamera treten und ins Mikrofon sprechen? Da ich mich schnell entscheiden musste, habe ich tief Luft geholt und zugestimmt. Warum? Ganz einfach, weil mir klar geworden ist, dass mich alle Leute, mit denen ich im täglichen Leben zu tun habe, auch nicht anders hören oder sehen, als die Personen vor dem Fernseher. Sie erleben mich nicht anders als ich mich im Video erlebe. Außerdem war ich mir sicher, dass meine große fachliche Erfahrung mir helfen wird, die Angst vor der öffentlichen Bühne zu überwinden.

Das Resultat war, dass ich mit meinen Filmen über einige Jahre täglich europaweit im Satelliten-Fernsehen zu sehen war. Ich wurde sogar immer wieder auf der Straße von Leuten angesprochen, die mich dort gesehen und dann wiedererkannt haben. Daraus ergaben sich durchweg nette Gespräche. Keiner hatte eine Bemerkung fallen lassen, dass ich irgendwie komisch aussähe oder mich seltsam anhöre. Das tat mir gut und half mir, mein Spiegelbild und eigentlich mich selbst ein Stückweit mehr zu mögen.

Und was hat das alles mit Selbstliebe zu tun? Eigentlich alles! Sich selbst zu lieben heißt ja schließlich nicht, sich täglich stundenlang im Spiegel zu bewundern. Selbstliebe bedeutet vielmehr, dass man sich selbst akzeptiert, es gut findet, wie man ist, und versucht, das Beste aus sich selbst zu machen.

Wichtig ist auch, sich selbst gegenüber positiv eingestellt zu sein. Jeder Mensch hat seine Fehler und Schwächen, auch ich, doch wir definieren uns aus so viel mehr. Aus so viel Positivem. Warum soll ich mir mein Leben vermiesen, indem ich stets nur an das Negative denke? Solche Gedanken bewirken nämlich mehr, als Sie vermuten. Denn sie beeinflussen auch die Grundstimmung unserer Umgebung. Wenn ich also mit mir im Reinen bin und meine vermeintlichen Unzulänglichkeiten akzeptiere, sind sie für andere oftmals gar kein Thema.

Sich Mögen steckt an

Stellen Sie sich also vor, Ihnen lacht in der Früh aus dem Spiegel Ihr eigenes fröhliches Ich entgegen. Diese gute Laune werden Sie spätestens am Frühstückstisch mit Ihrer Familie, Ihren Lieben teilen, wenn Sie sie mit einem fröhlichen „Guten Morgen“ begrüßen. Und genau so werden sie auch Ihnen und dem anstehenden Tag begegnen.

Aber passen Sie auf, dass die gute Laune nicht künstlich, nicht aufgesetzt ist. Es sich nur einzureden, bringt nichts. Sie müssen es ganz ehrlich fühlen. Das ist nicht immer leicht und mag ein wenig dauern. Aber wenn Sie erst einmal an diesen Punkt gelangt sind, fällt Ihnen vieles leichter. Und ganz nebenbei – übertriebene, künstlich vor sich her getragene gute Laune kann anderen sehr schnell auf die Nerven gehen.

Selbstzweifel besiegen

Würden wir nach Gründen suchen uns nicht zu mögen, würden uns sicher einige einfallen. Meist sind es Oberflächlichkeiten, die uns an uns zweifeln lassen. Warum soll mich eine vermeintlich schiefe Nase stören? Ist es wirklich so schlimm, nicht die ideale Bikini-Figur zu haben? Was macht einen Menschen, was macht mich aus? Nur das Äußere? Oder sind es doch die inneren Werte? Wenn wir ganz ehrlich zu uns sind, tut die schiefe Nase oder der Nichtwaschbrettbauch nicht weh. Uns stören sie nur, weil wir uns zu viele Gedanken darüber machen, was fremde Menschen von uns denken könnten. Und Hand aufs Herz: Wir sind ihnen völlig egal. Die Leute, die uns kennen, kennen und zögen uns so, wie wir sind. Wichtig ist alleine, wie ich zu mir stehe. Selbstliebe beginnt im Kopf, und zwar im eigenen!

Ich schaffe das!

Wahre Selbstliebe hat viele Facetten. Sie wurzelt in unserer grundsätzlichen Lebenseinstellung und kann diese gleichzeitig erheblich bereichern. Positives Denken hilft, den Alltag besser zu meistern. Warum soll ich mich vor einer schwierigen Aufgabe fürchten? Würde ich mir einreden, etwas nicht zu schaffen, würde das auch so sein. Deshalb habe ich den Ausspruch „Das schaffe ich“ so verinnerlicht, dass ich gar nicht mehr gesondert daran denken muss. Schwierige Aufgaben lassen sich so besser meistern. Einfach, weil mich keine Angst davon abhält. Diese positive Grundeinstellung verhilft zu einem glücklicheren Leben. Denn wenn wir glücklich sind, geht es uns auch gut, gut im Geiste, gut in der Seele. Wir sind zufrieden mit uns selbst. Womit wir uns auf eine wohltuende, unaufdringliche Art auch selbst lieben.

 

Dieser Artikel stammt aus dem AUSZEIT-Magazin, das noch viele weitere tolle Themen für Euch bereithält.

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Bildquellen: Photo by Yeshi Kangrang on Unsplash