Ein junger Mann macht seiner Angebeteten einen Heiratsantrag. Ob nun bei einem romantischen Dinner oder als Ansage im Fußballstadion. Aber die Angebetete lehnt ab: „Heiraten? Das ist doch so was von out ...“ Undenkbar! Oder doch nicht?

Lieben geht, klar, das kann jeder, da kommt auch niemand drum herum. Die meisten Menschen erwischt es mehrmals, und das auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Mal als gleißend strahlende Erfüllung der persönlichen Glückssuche, mal – weil unerwidert – als Antwort auf die Frage, wie tief ein Unglück wirklich sein kann. Soweit so gut. Aber heiraten? Muss ich das? Warum? Und wie? Und wen?

Die alte Geschichte

So lang die Geschichte der Menschheit ist und so vielfältig die inzwischen entstandenen und teilweise wieder untergegangenen Kulturen sind, so verschieden sind auch die Formen, in denen Mann und Frau zueinander fanden oder zueinander geführt worden sind. Unterm Strich ging es schließlich immer darum, Nachwuchs zu zeugen, ihn groß zu ziehen und der Gemeinschaft das Überleben zu sichern. Und dazu braucht es ja mindestens einen Mann und mindestens eine Frau. Recht schnell waren entsprechende Rituale und Regeln aufgestellt, auch an die materielle Absicherung wurde gedacht. Egal, ob die Angehörigen des Mannes oder der Frau dafür aufkommen mussten, egal ob es in Gold oder Kamelen oder Porzellangedecken abgewickelt wurde: Das Materielle bildete einen wichtigen Rahmen oder setzte eben auch schmerzhafte Grenzen.

Und die Liebe? Heiraten aus Liebe ist in unseren Breiten erst seit etwa 200 Jahren Praxis, obwohl sich in dieser Hinsicht das Standesdenken noch lange danach gehalten hat und auch das Finanzamt immer noch für den einen oder anderen Denkanstoß in Richtung Hochzeit sorgt. Insofern ist es kein Wunder, dass nicht wenige der schönsten Liebesromane eben gerade davon handeln, dass ihre Protagonisten ihr Herz an einer Stelle verlieren, für die keine Hochzeit vorgesehen ist. Endlich aus Liebe heiraten zu können – das klingt einfach wunderschön und gleichzeitig so natürlich. Aber eigentlich stellt sich das Heiraten, zumindest wie wir es kennen, damit doch selbst infrage, oder?

Warum heiraten?

Heutzutage sind das unverheiratete Zusammenleben aus Liebe und auch das Gründen einer Familie ohne Trauschein ganz normal. Selbst wenn die meisten Paare in jungen Jahren dann doch heiraten, finden sich nicht wenige der Beteiligten später in den viel beschriebenen Patchwork-Familien wieder. Gerade bei großen Familienfeiern ist es inzwischen eine Herausforderung, in aller Kürze zu definieren, wer nun eigentlich zu wem gehört und von wem stammt, ganz oder halb, früher oder jetzt. Warum also erst heiraten? Wenn man sich bei der jungen Generation umhört, ist das Heiraten dennoch oft ein Weg, den man für sich selbst nicht ausschließt. Gut, für immer und ewig muss es nicht sein, das hat man inzwischen verinnerlicht. Aber bei denen, die eine Hochzeit nicht ausschließen, geht es zumeist darum, eine Mischung zu finden – aus dem, was gemeinhin üblich ist, dem, was die Eltern und Freunde von einem erwarten, und dem, was die durchaus ganz eigene Motivation dazu bildet. Letztere kann darin bestehen, seiner Beziehung im romantischen und tief empfundenen Sinn eine höhere Weihe zu verleihen. Oder ihr ganz pragmatisch einen festeren formalen Rahmen zu geben.

Jugendlicher Tiefsinn

Im Übrigen darf man als jemand, der vielleicht schon Jahrzehnte Ehe- (und Scheidungs-)erfahrung hinter sich hat, nicht vergessen, mit welcher tiefen Emotionalität gerade „das erste Mal“, in diesem Fall die Hochzeit, angegangen wird. Man mag Jahre später vielleicht etwas abgeklärter, gelassener und skeptischer auf all das schauen. Aber man wird es der Jugend, und gerade den jungen Frauen, nicht ausreden können, vor allem aus tiefer Verliebtheit und dem Traum von einer eigenen Familie, die eigene Beziehung zu einer besonderen zu machen. Und das ist gut so. Allerdings sind die Bilder davon, wie man sich die eigene Hochzeit vorstellt, dann doch wieder ganz verschieden.

Aus alt mach‘ neu

Oft geht es bei der Suche nach Alternativen, nach dem „Anders Sein“, vor allem um das Verheiratetsein, um den besonderen Status des Zusammenlebens, ob mit oder ohne besiegelnder Unterschrift. Aber es geht auch in ganz besonderem Maße direkt um das Ritual, die Hochzeit. Die Zwänge zu einer ganz bestimmten Form lösen sich auf, ohne dass auf das Ritual als solches verzichtet wird. Und gerade hier ist inzwischen eine Menge möglich: Feierlich wie in der Kirche, aber nicht kirchlich; im großen Rahmen oder in ganz kleinem; glamourös oder eher still und besinnlich; im Schloss, im Flugzeug oder auf einer eigens dafür hergerichteten Waldlichtung. Die Gründe, sich für die eine oder andere Form zu entscheiden, sind durchaus unterschiedlich. Das kann schon ein gewisser finazieller Pragmatismus sein oder die Haltung zur eigenen Verwandtschaft ausdrücken. Oft geht es aber genau darum, ein Stück von den alten Formen wegzurücken. Was ja meist auch bedeutet, dass es nach der Hochzeit ein sehr eigener Weg ist, den das Paar gehen wird. Aber wie auch immer – ob Green Wedding oder althergebracht, ob kurzes rotes oder langes weißes Brautkleid: Entscheidend bleibt, dass unter den Gewändern ein liebendes Herz schlägt.

 

Dieser Artikel stammt aus dem AUSZEIT-Magazin, das noch viele weitere tolle Themen für Euch bereithält.

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