Kennen Sie das auch? Je älter wir werden, desto schneller scheint die Zeit zu vergehen, quasi so ein wenig an uns vorbeizuziehen. Wir treten etwas zurück, beinahe wie jemand, der nur zuschaut. Und wir sagen Sätze wie: „Mein Gott, ist die Kleine groß geworden!“ Oder: „Was? Morgen ist schon wieder Freitag?“ Und schlimmer noch – der Montag scheint gleich auf den Freitag zu folgen …

Nunja, man muss es nicht dramatisieren, es hat auch seine Vorteile. Wir werden mit dem Alter deutlich gelassener. Anders als noch in der Kindheit leiden wir zum Beispiel nicht mehr daran, dass die Tage bis Weihnachten so quälend langsam vergehen. Und wir sind voller Erinnerungen – im Kopf und im Herzen, in Fotoalben, alten Briefen oder den Ordnern unserer Smartphones und Tablets. Manchmal frage ich mich allerdings, wie weit wir unseren Erinnerungen noch trauen können. Oder ob sie sich mit der Zeit immer mehr verklären, relativieren, an nahegelegene Deutungsmuster anpassen. Aber das ist ja auch ganz normal. Wenn man als Kind in den lang ersehnten Sommerferien jeden Tag ein neues Abenteuer erlebt hat, dann prägen sich genau diese überdeutlich ein. Und so kommt es, dass man sich irgendwann dabei erwischt, nun selber öfter zu sagen: „Früher war alles besser. … Früher durften wir noch draußen spielen und alles essen … Das hatten wir früher doch auch schon alles und haben uns nicht beschwert …“ und lauter solcher Sprüche. Seien Sie ehrlich: Rutscht Ihnen nicht auch manchmal so ein Satz raus?
Aber solange das nicht ins viel zu verbreitete Nörgeln abgleitet, ist das schon in Ordnung. Denn manchmal ist es wichtig, wenn die älter werdende Generation – und so langsam darf ich mich auch dazu zählen – die Wogen der vielen aktuellen Hypes etwas glättet. Es hat einen großen Wert, das Leben im JETZT, das Ausleben des Moments anzuraten, wenn man selbst die Erfahrung von unzähligen JETZTs in sich trägt; wenn man die Bedeutung des Moments deshalb glaubwürdig vermitteln kann, weil man selber schon eine Unmenge solcher Momente erlebt hat.

Aber es wäre fatal, sich mit zunehmendem Alter darauf zu beschränken, die Zeit immer schneller an sich vorbeirauschen zu lassen und ab und an mal der nächsten Generation ein paar kluge Sprüche auf den Weg zu geben. Manchmal ist es wichtig, ganz eigennützig aus der Routine herauszutreten, etwas ganz Ungewohntes zu tun, weil man es will. Sie haben sicher schon erlebt, wie gut so etwas tut, wenn man sich darauf einlässt, ohne sich zu überfordern. Ohne am Tag danach beim Hausarzt zu sitzen und sich anhören zu müssen: „Was um alles in der Welt haben Sie getan? In IHREM Alter! …“
Also genießen Sie den Moment und lassen Sie uns die Zeit wertschätzen – die, die hinter uns liegt, und die, die noch kommt.

 

Dieser Artikel stammt aus dem AUSZEIT-Magazin, das noch viele weitere tolle Themen für Euch bereithält.

 

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Bildquellen: Photo-by-Uroš-Jovičić-on-Unsplash