Hinfallen – Krönchen richten – weitermachen. Das hast du sicher schon öfter gehört, oder? Dieses „Motto“ impliziert im Grunde nur eins: Nach Krisen, Niederlagen, Lebenskrisen oder auch einfach nur nach einem weniger tollen Tag einfach unbeirrt mit seinem Leben fortfahren, ohne sich von den Ereignissen herunterziehen zu lassen. Genau das beschreibt Resilienz. Es ist ein Gradmesser dafür, wie „krisenfest“ wir sind.

Sätze wie „Lass dich nicht unterkriegen!“ oder „Halt die Ohren steif!“ sind alles gut gemeinte und sinnvolle Ratschläge, bloß sind diese in der Realität nicht immer so leicht umsetzbar. Jeder von uns kennt das Gefühl, sich in einem negativen Erlebnis zu verlieren. Mögliche Horrorszenarien werden vor dem inneren Auge ausgemalt, man fühlt sich überwältigt und auch unzulänglich, denn irgendwo im Kopf nagt das Bewusstsein: „Andere würden mit dieser Situation besser fertig werden.“

Solche Stehaufmännchen haben wir alle in unserem Leben. Menschen, die wir bewundernd ansehen und uns fragen, wie sie mit all dem, was der Alltag ihnen so in den Weg wirft, fertig werden. Scheinbar mühelos bewältigen sie kleinere und größere Herausforderungen, ohne in depressiver Stimmung zu versinken. Wie machen die das nur? Woran liegt es, dass Ereignisse, die uns wie das Ende der Welt vorkommen, an anderen Menschen einfach abzuperlen scheinen?

 

 


Inhalt


 

 

Das Geheimnis heißt Resilienz

Das Wort ist vom lateinischen „resilire“ abgeleitet, was so viel wie „zurückspringen“ oder „abprallen“ bedeutet. Resiliente Menschen können Krisen also einfach an sich abprallen lassen – ist es so leicht?

Natürlich nicht ganz. Resilienz ist weniger menschliches Teflon, als vielmehr unser seelisches Immunsystem. Genau wie unsere körperliche Widerstandskraft kann natürlich auch die psychische auch mal geschwächt sein und ist bei unterschiedlichen Menschen unterschiedlich ausgeprägt.

Allgemein bezeichnet sie die Fähigkeit, mit unangenehmen Lebenssituationen fertigzuwerden, ohne dabei anhaltende Beeinträchtigungen – sowohl physischer als auch psychischer Natur – davonzutragen. Wer resilient ist, dem ist also keinesfalls alles egal. Bei resilienten Menschen ist lediglich die Fähigkeit, mit Stress und Lebenskrisen umzugehen, stärker ausgeprägt.

Umgangssprachlich spricht man von einem „dicken Fell“, doch ist dies zu simpel, da es impliziert, dass negative Erlebnisse einfach nicht an die betreffende Person herankommen. Sicher gibt es kleinere Vorkommnisse im Alltag, wie beispielsweise einen schlecht gelaunten Chef, welcher bei einigen Panik auslösen könnte und anderen nicht einmal einen weiteren Gedanken wert ist. Doch bei größeren Ereignissen geht es darum, wie man damit umgeht und die negative Erfahrung verarbeitet.

Resiliente Menschen werden beispielsweise nicht zu offensiven oder sogar aggressiven Methoden der Stressbewältigung greifen, wie Alkoholkonsum. Sie wissen, was gut für sie ist und wie sie erreichen können, dass es ihnen besser geht.

 

 

Welche Faktoren beeinflussen, wie resilient ich bin?

Verschiedene Umstände und Faktoren wirken darauf ein, wie gut unser seelisches Immunsystem funktioniert. Wer kennt es nicht, mal gute Tage zu haben, an denen wir uns unbesiegbar fühlen, und dann wieder andere, an denen wir an uns zweifeln und uns die Dinge viel mehr zu Herzen nehmen, als wir es sonst tun würden? Natürlich ist unsere psychische Widerstandskraft auch tagesformabhängig, jedoch gibt es einige Grundeigenschaften resilienter Menschen, die dazu beitragen, sich nicht unterkriegen zu lassen.

Laut Studien ist es unserer psychischen Belastbarkeit sehr zuträglich, Bezugspersonen zu haben, denen man vertraut, und die einen auffangen können. Ein festes soziales Netz verstärkt das Gefühl, Rückhalt zu haben und mit seinen Problemen nicht alleine dazustehen. Hand in Hand damit geht die Fähigkeit, Unterstützung anzunehmen. Was banal klingt, fällt vielen nicht leicht. Hilfe annehmen, Hilfe erbitten, ja, sich sogar einzugestehen, dass man Hilfe benötigt, all das wird leicht als Schwäche angesehen.

 

 

Resilienz - seelische Widerstandskraft

Resilienz beschreibt auch die seelische Widerstandsfähigkeit

Hinzu kommen Vertrauensprobleme, die weniger resiliente Menschen oft haben können. Wer seelisch widerstandsfähig ist, weiß genau, wem er vertrauen kann und wem nicht, und wann er Unterstützung einfordern muss.

Kenne dich selbst

Doch auch das geht nicht, ohne sich selbst genau zu kennen und die eigenen Fähigkeiten gut einschätzen zu können. Wer resilient ist, hat auch ein höheres Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen, weiß daher, wann eine Grenze erreicht ist und hat keine Scheu, dies offen zuzugeben. Geraten resiliente Personen in eine Krise, werden sie im Gegensatz zu weniger resilienten Menschen keine Zeit darauf verschwenden, sich Worst-Case-Szenarien auszumalen. Sie wissen, dass dies nur noch mehr Stress erzeugt und verwenden ihre Energie lieber darauf, stattdessen über eine Lösung nachzudenken. Ihnen ist klar, dass Stress nicht durch die Umstände, sondern durch die individuelle Bewertung derselben entsteht.

Wie eine Situation wahrgenommen wird, ist essenziell.

Positive Erfahrungen spielen bei der Entwicklung all dieser Eigenschaften natürlich auch eine Rolle. Wer sich in der Vergangenheit auf andere verlassen hat und im Stich gelassen wurde, tendiert natürlich dazu, eher argwöhnisch zu sein, wenn es darum geht, etwas von der Belastung abzugeben. Passieren solche Dinge mehrmals, ist es leicht, Vertrauensprobleme aufzubauen und an sich selbst und seinem Urteilsvermögen zu zweifeln. Auch der Optimismus, ein weiterer Faktor, der Resilienz begünstigt, kann so leicht ins Wanken geraten.

Selbstwirksamkeitserwartung

Eine weitere höchst wichtige Eigenschaft, die resiliente Menschen gemeinsam haben, ist die sogenannte Selbstwirksamkeitserwartung. Der kanadische Psychologe Albert Bandura prägte diesen Begriff, hinter dem sich der Glaube eines Menschen an seine eigene Kraft, jegliche Herausforderungen zu meistern, verbirgt. Was zunächst wie ein simples „das schaff ich schon“ klingt, geht viel tiefer: Der Begriff hat viel mehr mit Selbstverantwortung zu tun. Die tiefe Überzeugung, für sich selbst und sein eigenes Wohlergehen verantwortlich zu sein und die Kraft zu haben, dies auch zu tun, befreit aus der Opferrolle. In diese gerät man sehr leicht, wenn man das Gefühl hat, keine Kontrolle über sein Leben und die darin passierenden Vorkommnisse zu haben. Hieraus resultiert das Gefühl, ausgeliefert zu sein.

Sich bewusst zu machen, dass man sein Leben selbst in der Hand hat und dass es bei einem selbst liegt, gesund mit Krisen umzugehen, klingt zunächst wie eine enorme Verantwortung, ist bei näherer Betrachtung aber ein sehr Kraft spendender Gedanke: Ich bin nicht von anderen abhängig! In allen Bereichen unseres Lebens streben wir nach Unabhängigkeit – ist es da nicht tröstlich zu erfahren, dass wir auch in diesem Bereich unabhängig sind?

 

 

Kann ich üben, resilienter zu werden?

Die gute Nachricht zuerst: Die Antwort auf diese Frage ist ein klares JA! Du ahntest es schon – es kommt auch noch eine weniger gute Nachricht. Diese ist, dass viele erst den Impuls verspüren, diese Eigenschaft zu trainieren, wenn sie bereits in einer Krise stecken. Dies ist erst einmal natürlich. Wenn wir uns nicht krank fühlen, gehen wir auch nicht zum Arzt, daher ist es nur logisch, dass wir keine Ambitionen haben, etwas für unsere geistige Widerstandskraft zu tun, wenn bei uns alles glatt läuft.

Häufig ist es dann ein großer Schock, wenn auf einmal Probleme auftreten und man merkt, dass man damit eigentlich gar nicht so gut klar kommt, wie man angenommen hatte. Doch der Lerneffekt muss nicht gezwungenermaßen aus einer misslichen Lage heraus entwachsen. Es ist lediglich wichtig, einen guten Grund zu haben, um lernen zu wollen – ohne Motivation wird der Lernprozess schwierig.

Hat man diese Motivation erst einmal gefunden, kann es auch direkt losgehen, denn zum Üben braucht man nur sich selbst, nichts weiter. Hierfür ist es auch nie zu spät, denn unser Gehirn ist bis ins hohe Alter hinein lernfähig.

 

 

Resilienz Übungen

2 Turbo-Resilienz-Übungen:

1. Glaubenssätze überprüfen

Jeder von uns hat bestimmte Glaubenssätze in sich verankert, meist unbewusst. Leider sind diese häufig nicht förderlich, zum Beispiel „Das schaffe ich nie“. Versuche, dir deine Glaubenssätze bewusst zu machen und in positive Varianten umzukehren.

2. Ruhe im Kopf: Zeichne ein Mandala

Mandalas zeichnen und ausmalen ist ein Weg, dich auf dich selbst zu konzentrieren und dein Leben zu entschleunigen. Du versinkst in den Farben und Motiven und konzentrierst dich auf das Hier und Jetzt, kannst Luft holen, Gedanken besser abschließen und Raum schaffen für Neues, vielleicht magst du dafür ja eins der neuen Auszeit-Mandalabücher nutzen – zu den Themen: Achtsamkeit, Meditation, Chakrenarbeit, Ruhe und Entspannung.

 

 

Resilienz Test

Resilienz-Test: Wie resililient bin ich eigentlich?

Mach den Test!

Einfach mit Ja oder Nein antworten und die Antworten hinterher zusammenzählen.

  1. Neuen Situationen kann ich mich leicht anpassen.
  2. Ich bin nicht leicht abzulenken.
  3. Ratschläge anderer kann ich gut annehmen.
  4. Kritik kann ich gut aushalten.
  5. Emotional gibt es bei mir kaum „Berg- und Talfahrten“.
  6. Ich glaube, dass ich mein Leben bestimme.
  7. Ich bin diszipliniert.
  8. In die Zukunft blicke ich mit einem Gefühl von Zuversicht.
  9. Ich fühle mich wohl in meiner Haut.
  10. Das Glas ist für mich stets halb voll.
  11. Selbstmitleid ist mir fremd.
  12. Niederlagen kann ich gut verarbeiten.

Du hast überwiegend mit Ja geantwortet? Herzlichen Glückwunsch, du bist bereits sehr resilient! 

Du hast überwiegend mit Nein geantwortet? Dann lies unbedingt unsere folgende Schritt-für-Schritt-Anleitung, um resilienter zu werden.

 

 

Anleitung: In 4 Schritten resilienter werden

Pflege ein stabiles soziales Netzwerk

Dich mit Leuten zu umgeben, die du magst und bei denen du dich geliebt und aufgehoben fühlst, stärkt dein Vertrauen in andere und macht es so leichter, Schwächen einzugestehen und um Hilfe zu bitten, wenn du an deine Grenzen stößt.

Solltest du einmal in eine Krisensituation geraten, fällt es viel leichter, einen kühlen Kopf zu bewahren, wenn du weißt, dass du Menschen in deinem Leben hast, auf die du dich verlassen kannst und die dir unter die Arme greifen, wenn es dir zu viel wird oder wenn du einfach Beistand brauchst.

Stärke dein Selbstwertgefühl

Du kannst mehr als du denkst!

Wenn du jetzt beim Lesen instinktiv gedacht hast „Na, ich weiß ja nicht“, dann ist dein Selbstwertgefühl bereits leicht angeknackst. Hieraus können viele weitere kontraproduktive Gedanken resultieren, deshalb wirke dem gleich entgegen.

Eine gute Möglichkeit ist ein Tagebuch (zum Einstieg kannst du z.B. unser kleines AUSZEIT-Tagebuch benutzen). Notiere dir am Ende jedes Tages einige Dinge, auf die du heute stolz bist. Das können große Errungenschaften sein, aber auch ganz kleine Fortschritte, die du gemacht hast. Schreibe ebenfalls hinein, wenn du ein Lob bekommen hast oder wenn Freunde dir gesagt haben, was sie an dir schätzen. Nimm dir dieses Buch hin und wieder zur Hand und blättere darin – du wirst sehen, dass du nicht still stehst, auch wenn du dich mit kleinen Schritten bewegst, und es wird dich an Erfolgserlebnisse und positives Feedback anderer erinnern.

Gönn dir Ruhe

Eine angemessene Balance zwischen An- und Entspannung ist essenziell für einen gesunden Körper und eine gesunde Psyche. Wer sich in Anspannung befindet, schüttet Stresshormone aus, die einen ruhigen Schlaf verhindern, das Immunsystem und die Verdauung laufen auf Sparflamme. Diese körpereigenen Reaktionen sind kurzfristig von großer Nützlichkeit, langfristig werden sie gefährlich. Sorge daher stets dafür, dass dein Körper sich nach großer Anspannung wieder ausreichend erholen kann.

Praktiziere Achtsamkeit

Nimm deine Gedanken und Emotionen genau wahr, mach sie dir bewusst, führ sie dir vor Augen, und versuche, herauszufinden, ob deine Gedanken zu deinem Wohlbefinden beitragen oder es eher behindern.

Sich des eigenen „Überinterpretieren“ von negativen Situationen bewusst zu machen, kann schon viel bewirken. Übe regelmäßig, negative Gedanken durch positive zu ersetzen. Sobald du einen negativen Gedanken wahrnimmst, versuche, ihn durch drei positive zu ersetzen.

„Blicke in dein Inneres. Da ist die Quelle des Guten, die niemals aufhört zu sprudeln, solange du nicht aufhörst zu graben.“

Mark Aurel

 

 

Psychische Robustheit

Gerade heutzutage ist es von Vorteil, Resilienz zu besitzen. In unserer Zeit stehen wir vor der Herausforderung, mit immer mehr Stressoren klarzukommen. Ein ständiger Informationsüberfluss, politische Instabilitäten, und nicht zuletzt die permanente Erreichbarkeit stellen unsere psychische Robustheit häufig auf die Probe.

All dies besser verarbeiten zu können, ist doch eigentlich ein sehr guter Anreiz, oder?


Zum Autor:

Stefan Goedecke teilt seine Gedanken mit zehntausenden Menschen als Herausgeber und Kraftquelle der AUSZEIT und der ICH BIN. Sein Newsletter gehört zu den beliebtesten wöchentlichen Inspirationen für Menschen, die sich selbst entdecken wollen. Stefan ist Autor zahlreicher Essays, Artikel, Kurse, Blogs und Ratgeber-Bücher. Du kannst dich hier gratis in seinen Newsletter eintragen: auszeit.bio/achtsam. Finde Stefan bei Instagram: @stefan.auszeit.

 

 


 

 

Buch Achtsamkeit

Hol dir dein Gratis-E-BookAchtsamkeit – Verändere dein Leben

Das Achtsamkeits-Grundlagenwerk mit der Essenz der schönsten Auszeit-Artikel über Achtsamkeit und Meditation im Alltag. Jetzt wieder für kurze Zeit gratis für dich. Trag dich hier gratis für den Versand ein: auszeit.bio/achtsam.


Hier weiterlesen:

5 Tage Achtsamkeit: Die Achtsamkeits-Challange nach Stefan Goedecke

Bildquellen: Stefan