Wie viele Konzepte, Ideen, Methoden, Untersuchungen und Meinungen gibt es zum Themenkomplex Stress, Ruhe und Gelassenheit? -Unzählige. Und was davon ist wichtig, richtig und hilft? Vieles – Doch es kommt immer drauf an wer, wie, wann und wo. Prima, nicht wahr?!

Aber von vorne: Was ist eigentlich Stress? Zuerst einmal war es für mich sehr interessant zu erfahren, dass Stress eigentlich neutral ist. Ein von der Natur klug eingebauter Mechanismus. Nicht automatisch Gegenspieler von Ruhe und Gelassenheit. Per Definition handelt es sich nämlich lediglich um eine, durch äußere Reize (Stressoren) hervorgerufene psychische oder physische Reaktion. Das findet sich bei vielen Lebewesen. Schauen wir uns beispielsweise das Reh an. Es äst ganz friedlich auf der grünen Wiese. Plötzlich wittert es etwas, dass ihm nicht ganz koscher vorkommt. Es reagiert blitzschnell, zumeist rennen sie weg und sobald es davon ausgeht, dass es sicher ist, äst es gelassen weiter. Die Ruhe selbst. Soweit, so praktisch.

Wenn wir heute von Stress sprechen, meinen wir aber zumeist etwas Negatives. Es geht oft um Überreizung, durch eine nie gekannte Informationsflut. Nach meiner Erfahrung ist wie wir damit, teils reflexhaft umgehen oft Auslöser ebendieses negativen Stresses. Dazu ist interessant zu wissen, dass wir unser Dasein auf der Erde zu über 90% als freie Jäger und Sammler, ohne Computer jeglicher Art aber sehr naturverbunden fristeten. Das prägt uns bis heute, während wir uns an die vielen neuen Technikspielarten nach wie vor gewöhnen müssen. So reagiert der Körper, wie Forscher herausfanden beispielsweise auf den Klingelton des Telefons jedes Mal mit einer Alarmreaktion: Hormone fluten ihn, der Blutdruck steigt, das Blickfeld verengt sich, bereit zur Flucht. Dabei ist egal, ob die ankommende Nachricht gut, schlecht oder neutral ist. Von ständiger Erreichbarkeit, vollen Terminkalendern, Zeitdruck und überquellenden E-Mail-Fächern muss ich gar nicht erst anfangen.

Zurück in die Steinzeit – mit Gelassenheit

Lange habe ich mich gefragt, wie man damit umgehen soll. Zurück in die Steinzeit kann nicht so ganz die Lösung sein aber wenn wir uns unsere Lebensart von damals anschauen, ist das vielleicht ein Ansatz. Ich meine die Naturverbundenheit. Mir hilft es beispielsweise unglaublich, draußen zu sein. Einfach in der Natur zu sein oder im Garten zu arbeiten.

Nun sind Natur und Gartenaufenthalte natürlich nicht jedermanns Sache. Das bringt mich zur guten Nachricht, dass mehr Ruhe und Gelassenheit bereits durch kleine Oasen im Alltag kultiviert werden können. Wissenschaftler haben längst herausgefunden, dass das viel nützlicher ist, als durch zu buckeln, um dann ein oder zwei Urlaube im Jahr als Erlösung zu sehen, die aber leider nicht lange anhält.

Ich bin eine große Freundin davon, kleine Rituale zu begehen und Dinge im Alltag ganz bewusst zu genießen. So koche ich jeden Morgen frischen Kaffee. Ich mahle ihn selbst und gieße im Keramikfilter auf. Dabei habe ich gern erstmal nur schwaches Licht, wie es eben natürlicher Weise ist am Morgen. Ich genieße das Geräusch, wenn das Wasser durch den Filter läuft und den Duft, der sich in der ganzen Küche ausbreitet. Dann tappe ich an einen gemütlichen Ort und trinke ganz bewusst diese erste Tasse Kaffee. Manchmal frage ich mich dabei, wie es mir heute geht. Oder ich beobachte einfach nur ein Vögelchen.

Ich finde pauschale Übungstipps schwierig. Ich denke, jeder muss etwas finden, dass ihm leicht zugänglich ist und in sein Leben passt. Also was tut Dir gut, was magst Du, worauf freust Du Dich im Tagesablauf und könntest es vielleicht mehr zelebrieren?

Balance, Ruhe und Gelassenheit finden

Es geht nicht darum, gar keinen Stress mehr zu haben. Es geht um eine gute Balance zwischen Anspannung und Entspannung. Natürlich bekommen wir auch mal die volle Packung negativen Stress ab. Es geht darum, in solchen Situationen bewusst damit umzugehen und vielleicht gerade dann erstmal eine kleine Oase aufzusuchen, um sich zu sammeln und in Ruhe darüber nachzudenken, was als nächstes zu tun ist. Das kann man trainieren, so dass es zu einer natürlichen Reaktion wird.

Vielleicht müssen wir uns anfänglich noch daran erinnern. So hat mir mal eine Frau erzählt, mit der ich an einer Weiterbildung teilnahm, dass sie ihre Hektik mit dem Bild einer Biene verknüpft hat, die umherschwirrt. Also hat sie sich an ihrem Arbeitsplatz das Bild der Biene Maja gepinnt, um sich daran zu erinnern, inne zu halten und kleine Pausen einzulegen. Klingt lustig, ist aber sehr effektiv, denn oft sehen wir doch in stressigen Momenten den Wald vor lauter Bäumen nicht.

Mir hat zudem noch die Erkenntnis geholfen, dass es selbst im größten Stress nur ein Tempo gibt: Meins. Ich gebe mein Bestes aber ich habe meine gesunden (!) Grenzen und das ist auch gut so.

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